III.
Zur Geschichte der Harmonikainstrumente |
In den ersten
Dezennien des 19. Jh. begnügt sich eine Anzahl von Musikern, Instrumentenbauern,
Mechanikern, Akustikern und Musikamateuren nicht mehr mit der herkömmlichen
Herstellungsweise von Klangkörpern. Experimentierfreude und der Wunsch
nach Veränderung haben ein zunehmend breitgefächertes Angebot
zur Folge, dem ein sich erweiternder, aufgeschlossener Kundenkreis gegenübersteht. |
I. Balglose
Instrumente |
Die Anfänge
des Mundharmonikabaus reichen zu den ersten Versuchen der Familie Buschmann
zurück, in den 1820er Jahren Instrumente mit durchschlagenden Zungen
herzustellen (zum außereuropäischen Bereich * Mundorgel).
So gilt die Mund-Aeoline, die Christian Friedrich Ludwig Buschmann (1805-1864)
1821 konstruiert und als Hilfsinstrument zum Orgelstimmen verwendet, vielfach
als frühester Vorläufer der späteren Mundharmonika. In Wien
weiterentwickelt und 1827 von Christian Meßner (1805-1874) in Trossingen
entscheidend verbessert, erregt das Instrument die Aufmerksamkeit des Uhrmachers
Matthias Hohner (1833-1902), der 1857 mit eigener Produktion beginnt und
die Mundharmonika ständig weiterentwickelt. Es bilden sich die drei
Grundtypen der einfachtönigen Richter-Mundharmonika, der sog. Knittlinger
Oktav-Stimmung sowie die Tremolo- und Wiener Oktav-Mundharmonika heraus.
in den 1920er Jahren werden die chromatischen Mundharmonikas (Trossingen)
entwickelt, so die Neuschöpfung der Educator-Mundharmonika (durch Anblasen
erklingen in der unteren Reihe die C-Dur-Leiter, durch Saugluft die zugehörigen
alterierten Töne, in der Anordnung den schwarzen Tasten des Klaviers
entsprechend) und die Chromonica (mit einer C-Dur- und einer Cis-Dur-Reihe,
Umschaltung mit Hilfe eines Registerschiebers). |
Die Popularität
des Gruppenmusizierens mir Mundharmonikas fuhrt schließlich zum Bau
von Begleit- und Baßinstrumenten wie der Polyphonia I und II und der
Harmonetta. Die Baßmundharmonika, deren Töne nur auf Blasen erklingen,
besteht in der Regel aus zwei übereinander angeordneten und durch Scharniere
beweglich miteinander verbundenen Instrumenten, von denen das untere die
Stammtöne gibt, das obere dagegen das Tonmaterial der Eis-Dur-Tonleiter
enthält. Es gibt einfachtönige Baßmundharmonikas und Oktavbässe
Die einzelnen Modelle unterscheiden sich lediglich durch ihren Tonumfang.
Die Mundharmonika-Begleitinstrumente besitzen feststehende Akkordverbindungen,
können also nur als harmonische Füllstimmen oder zur nachschlagenden
Begleitung verwendet werden. Auch sie bestehen aus zwei übereinander
angeordneten Instrumenten, die durch Scharniere beweglich miteinander verbunden
sind. Das obere Instrument gibt auf Blasen alle gebräuchlichen Durdreiklänge,
auf Ziehen die gleichnamigen Molldreiklänge; auf dem unteren Instrument
erklingen auf Blasen jeweils die entsprechenden Dominantseptakkorde, auf
Ziehen, abwechselnd in der Reihenfolge, übermäßige Dreiklänge
und verminderte Septakkorde. |
2. Balginstrumente |
Ausgehend
von der Mund-Aeoline entwickelt Buschmann 1822 die mit einem Faltenbalg
versehene Hand-Aeoline, ein Ausgangspunkt für die Konstruktionsversuche
von Cyrillus H. Demian (1772-1847) in Wien, der sein neu entwickeltes Instrument
1829 als Accordion patentieren läßt (s. V. 2.). Während
sich das Demiansche Accordion im Laufe der Zeit zum sog Wiener Modell wandelt,
führt die Weiterentwicklung der Hand-Aeoline Buschmanns zur sog. Deutschen
Harmonika. Alle diese Instrumente sind wechseltönig und geben nur
das Tonmaterial einer diatonischen Leiter. Die Wiener Form der Handharmonika
ist als Ein-, Zwei- und Dreireiher noch in Gebrauch, während das Deutsche
Modell kaum noch zu finden ist. Vom Wiener Modell weicht die Deutsche Form
vor allem durch die offene Anordnung der klappen ab, aber auch durch den
Einbau von Registerzügen auf der Diskantseite, mit deren Hilfe die
gekoppelten Töne ein- bzw. ausgeschaltet werden können. Bei der
Bandonika handelt es sich im Prinzip um eine Handharmonika, die nur in ihrer
äußeren Form dem Bandonion angeglichen ist. Wie dieses ist sie
quadratisch gebaut und hat einen dem Bandonion ähnlichen Ton. Tastenzahl,
Tastenanordnung usw. entsprechen aber in jedem Falle der gebräuchlichen
Handharmonika deutscher oder Wiener Bauart. Die diatonische Handharmonika
schließlich führt zum Bau des standardisierten Club-Modells
(2 Hauptreihen auf der Diskantseite mit 23 Knöpfen mit den wichtigsten
Tonstufen, innen eine Zusatzreihe mit 7 Knöpfen für die alterierten
Stufen; 2 Haupttonarten sind hierdurch gut spielbar: meist C oder F, in
der Schweiz Es bzw. B [Schwyzer Örgeli]), die konsequente Durchführung
des Gleichtonprinzips auf der Diskantseite durch den Wiener Musiker Walter
1850 zum modernen Akkordeon. Auf der rechten Spielseite können jetzt
alle Einzeltöne sowohl auf Zug wie auf Druck hervorgebracht werden,
auf der Baßseite bleibt die Wechseltönigkeit noch erhalten. |
Zeitlich parallel
zu Demian in Wien läßt Charles Wheatstone (1802-1875) 1829 in
London sein Symphonium genanntes Instrument patentieren, 1844 die
Concertina, die er aus einer mit Tasten versehenen Mundharmonika entwickelt,
der er einen Blasebalg hinzufügt. Die Concertina mit ihrer typischen
im Querschnitt sechseckigen Form verfügt über in vier Reihen angeordnete
Knöpfe auf beiden Spielseiten und umfaßt vier Oktaven; jede Hand
kann eine chromatische Tonleiter spielen. 1834 entwickelte der Klarinettist
Carl Friedrich Uhlig (1789-1874) in Chemnitz die wechseltönige Konzertina
mit vier- bzw. sechseckigem Querschnitt. Anders als die englische Concertina
hat die Konzertina anstelle der gekoppelten Bässe Einzeltöne auch
für die linke Hand, wodurch akkordisches Spiel in jeder Lage innerhalb
des Tonumfangs möglich wird Verdrängt wird das Instrument vom
Bandonion, das 1845 Heinrich Band (1821-1860) in Krefeld konstruiert (Abb.
3). Das gleichfalls wechseltönige Bandonion (quadratischer Querschnitt)
ist zunächst mit 64 Knöpfen ausgestattet, später mit bis
zu 200. 1902 baut J. Zademak (1874-1941) das chromatische Bandonion. |
SL |
(ARMIN
FETT) |
IV.
Harmonikabranche: Entstehung und Verbreitung |
1. Wien
|
Wiens Stellung
als wichtiger Knotenpunkt des Instrumentenbaus begünstigt die Aufnahme
der vielerorts initiierten Versuche zum Bau von Durchschlagzungenspielen.
Von wesentlicher Bedeutung erweist sich dabei auch der hohe Stand des Wiener
metallund holzverarbeitenden Handwerks, auf dessen Präzisionstechniken
die neue Branche zurückgreifen kann. Denn die Herstellung einer Harmonika
erfordert Spezialisten verschiedener Qualifikationen und, um kostengünstig
zu produzieren, arbeitsteilige Verfahren. Bereits 1845 haben sich folgende
Sparten innerhalb der Branche etabliert: Harmonikamacher, -gestellmacher,
-klaviaturerzeuger, -stahlarbeiter, -stimmer, -buchbinder. Das Wiener Gewerbe-Adreßbuch
jenes Jahrgangs weist 108 selbständige Gewerbetreibende auf, womit
die neue Branche zahlenmäßig die zweite Stelle innerhalb des
gesamten Wiener Instrumentenbaus erreicht hat. Die erste Stelle halten die
»Clavier und Orgelinstrumentenmacher«, unter denen die
Fabrikanten von harmoniumähnlichen Instrumenten subsumiert sind. |
Diese rapide
Expansion bezeugt einen prosperierenden Geschäftsverlauf, zu dem der
florierende Fernhandel entscheidend beiträgt. Denn die Ware selbst
eignet sich ihrer Robustheit und ihres handlichen Formats wegen vortrefflich
für den Versand und wird von einigen Herstellern daraufhin weiter optimiert.
Die Patentschriften von Joseph Müller (Nr. 2521, Wien 1839), Christian
Steinkelner (Nr. 3555, Wien 1840), Michael Simon (Nr. 3170, Wien 1840) für
Blasebalg-Harmonikas enthalten expressis verbis Lösungswege, Instrumente
so zu gestalten, damit Verpackung und Versand problemlos ablaufen. Wiener
Fabrikanten beschicken die Leipziger Messen und beteiligen sich an den großen
Gewerbeausstellungen. So zeigt der k.k. Harmonikamacher August Schopp auf
der Allgemeinen Deutschen Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844 eine
»Harmonika zu 30 Rthlrn. 20 Sgr [...]. Das Äußere
des Instruments ist mit Perlmutter und sonstigen Verzierungen höchst
elegant ausgestattet« (Amtlicher Bericht, Bln. 1845, S.
213). Steinkelner wird 1845 bei der Wiener Gewerbs- Producten-Ausstellung
nicht nur wegen der Güte seiner Harmonikas ausgezeichnet, sondern auch
wegen seines »umfangreichen Betriebes und bewirkten Ausfuhr-Handels
[...] über die See nach anderen Welttheilen« (Bericht
über die 3. allgemeine österreichische Gewerbe-Ausstellung in
Wien 1845, Wien 1846, S. 836). Johann Klein fertigt 18 bis 20.000 Balgharmonikas
jährlich und erwirtschaftet 1845 mit 300 Arbeitern einen Umsatz von
80.000 fl. C.M. (florin Conventions-Münze; Wiener allg. Musik- Zeitung,
1845, S. 345). 1851 präsentieren allein Joseph Reinisch und Steinkelner
287 Harmonikavarianten bei der Weltausstellung in London. Auch dort wird
Steinkelner ausgezeichnet. In seinem Sortiment beträgt die Preisdifferenz
zwischen der preiswertesten Balgharmonika und dem teuersten Exemplar 1 zu
30. Demnach ist die Dutzendware ebenso gut abzusetzen wie es die Luxusinstrumente
sind, und Käufer jeder Finanzkraft werden umworben. |
Allerdings
ist gegen Mitte des 19 Jh. der Wiener Harmonika branche andernorts bereits
ernste Konkurrenz erwachsen. |
2. Paris |
Nachdem Hieronymus
Payer 1823 Haeckls Physharmonika (* Harmonium)
in Paris mit Kompositionen vorstellte, deren Auftraggeber der Erfinder war,
reist Haeckl selbst 1826 dorthin, um an Ort und Stelle seine Instrumente
verfertigen zu lassen. Die Aeol-Harmonika Reinleins (Patent Wien 1824) in
Verbindung mit Prim- und Terzgitarre präsentieren zwei Jahre darauf,
1828, die Musiker Leonhard, Eduard und Leonhard senior Schulz (Schultz)
aus Wien. In den Jahren 1830/31 bezeichnen sich bereits acht Pariser Hersteller
als »farteur d'harmonicas à anches métalliques«
und spezifizieren »Pysharmonicas«oder »harmonicas
de bouche« (Fr. Lesure, La Musique a Paris en 1830-1831,
P. 1983, s. 347). Das erste französische Patent auf eine Modifikation
an Harmonikas erhalten offenbar Grucker & Schott 1830. Im Agenda
musical für 1836 (2. Teil, S.152) erscheint erstmals die selbständige
Rubrik »Accordéons et harmonicas« mit 20 Fabrikanten.
Hingegen sind Hersteller der »phizharmonica« nunmehr geführt
unter »facteurs d'orgues«. Die Übernahme der in Wien
kreierten Instrumentennamen sowie eine erhebliche Anzahl von Personen deutsch-österreichischer
Herkunft, die aktiv werden bei der Verbreitung der Harmonika in Paris (F.
Würtel, A. Reisner, C. Wender, Kriegelstein, Obert, u.a.), lassen enge
Kontakte und gegenseitigen Austausch der nouveautés vermuten. |
Hinsichtlich
der preisgünstigen Mundharmonikas aus Wiener Fertigung können
die Pariser Hersteller allerdings nicht lange konkurrieren -1837 weist der
Agenda musical keinen einzigen diesbezüglichen Eintrag mehr auf-, gleichfalls
nicht gegen die wohlfeilen deutschen Modelle der Balgharmonikas. Um die
Produktionskosten am Ort niedriger ansetzen zu können, vergeben einige
Fabrikanten wie L. M. Kasriel Aufträge an die Strafanstalten der Stadt
Andere Fabrikanten wie Alexandre, Chameroy, Fourneaux und Jaulin lassen
die Herstellung von Harmonikas fallen und wenden sich dem lukrativeren Harmoniumbau
zu Aus der verbleibenden Pariser Produktion kristallisiert sich die Bauart
des accordéon parisien mit Zwillingstasten und Applikaturstange,
in dessen äußere Gestaltung die aktuellen Pariser Trends und
Techniken des Kunstbandwerks einfließen, die es zu einem Instrument
der gehobenen Preislage machen. Karnies und Marketerie entsprechen der Mode;
die Werbung betont die elegante Erscheinung der neuen Instrumente und charakterisiert
sie als »passetemps charmant« (Le Ménestrel,
1. Juni 1834, Titelbl.). Zur Auswahl stehen »accordéons en
tous genres«, und die Preisübersicht im Agenda musical von
1837 trennt nach »accordéons à main«, »accordéons
à clavier« und »pianos qui renferment cet instrument«
(S. 281) Demzufolge ersetzt die Bezeichnung accordéons als Oberbegriff
für Balginstrumente den Terminus harmonica, der in Frankreich
wiederum zunehmend reserviert ist für Mundharmonikas. |
Die Pariser
fabricans d'accordéons beteiligen sich an den heimischen Gewerbe
Ausstellungen, beschicken jedoch nicht die Weltausstellung in London 1851.
Dort sind, abgesehen vom Mélophone, nur harmoniumähnliche Fabrikate
französischer Provenienz vertreten. Dennoch ist das French accordion
bereits in London, Aberdeen und Boston so bekannt, daß in diesen Städten
Schulwerke dafür erscheinen und es unter der Bezeichnung flutina
auch in Glasgow und New York zur Musikalienedition anregt. |
3. London |
Als am 28.
Apr. 1828 innerhalb eines der philharmonischen Konzerte das Schutz Trio
aus Wien die Aeol-Harmonika Reinleins in London zu Gehör bringt, mögen
deren Durchschlagzungen den Impuls gegeben haben dafür, daß Wheatstone
der Vorlesung über The Nature of Musical Sound (Br. Bowers,
Sir Charles Wheatstone, L. 1975, s 23), am 9. Mai 1828 vorgetragen
von Michael Faraday in der Royal Institution, einen aktuellen Schlußteil
über die Aeolina zufügt. Wheatstone beschäftigt sich weiterhin
intensiv mit der Materie und erlangt ein Jahr darauf das Patent A Certain
Improvement or Certain Improvements in the Construction of Wind Musical
instruments (Nr. 5803, L. 1829). Es bezieht sich primär auf mundgeblasene
Zungenspiele und enthält Ideenskizzen zu Tastendispositionen. In der
Vorlesung vom 21. Mai 1830 On the Application of a New Principle in the
Construction of Musical Instruments (Bowers, S. 36) läßt
Wheatstone die Anwendung der asiatischen Durchschlagzunge in einer Mundorgel
demonstrieren und die Anwendung der europäischen in einem Blasinstrument
seines Konzeptes. Unter Bezug auf die Artikelfolge The Aeolina und Description
of the New Tuning Springs (in: The Harmonicon, N.S., Febr. 1829,
S. 37f.; März, S. 58) beschreibt er während dieser Vorlesung seine
eigenen Versuche. |
Der Import
von Wiener Harmonikas ist bereits im Gange, seit Leonhard Schulz senior
1825 zwei Modelle bei Hofe vorstellte. »His Majesty was particulary
pleased with the two new instruments now first introduced by Mr. Schulz
into this country, called the Physharmonica, and the Aeolodicon, instruments
in small dimension, but powerful in producing great beauty and delicacy
of tone« (The Harmonicon, 1826, S. 153). 1830 läßt
t sich die Musikerfamilie Schulz in London nieder und vertreibt kontinentale
Instrumente. Zu ihrem Bekanntenkreis zählt 1831 der Knabe Giulio Regondi,
neunjähriges Wunderkind auf der Gitarre, der 1837 fünfzehnjährig
bei Wheatstone & Co eine Concertina erwirbt. Accordions nach Demianscher
Bauweise bietet in den 1830er Jahren auch die Firma D'Almaine & Co in
größerem Umfang an, und Wheatstone & Co, music sellers and
publishers, liefern die Instructions for Performing on the Accordion
für die fünftastige Ausfertigung; des weiteren die Instructions
for the Aeolina or Mund-Harmonica und The Symphonion (or Accordion)
Waltz, Composed by J. P. (John Parry/Bardd Alaw; Verkaufsofferten
in: The Harmonicon 1829, S. 287; 1831, S. 58). Eine neue Branche
des Londoner instrumentenbaus gründet sich in der ersten Hälfte
der 1830er Jahre jedoch nicht, wie der Referent anläßlich der
Vorführung der Physharmonika durch S. von Neukomm 1833 anmerkt: »We
are surprised that our fabricans have not yet set about making it«
(The Harmonicon, 1833, S. 72). Was die Produktion von Mundharmonikas
und Accordions betrifft, wird sie auch in den folgenden Jahren nicht serienmäßig
betrieben. Vielmehr importiert Großbritannien ausländische Instrumente
aus Osterreich und Deutschland unter den Bezeichnungen aeolina, harmonica,
German accordion or melodion, German concertina, aus Paris
unter den Bezeichnungen French accordion, accordion or flutina,
organ-accordion or harmoniflute. |
Mehrere Versuchsinstrumente
Wheatstones stoßen im Rahmen des wachsenden Interesses an Harmonikas
auf Nachfrage unter Musikern und Musikamateuren. So zeichnen die Brüder
Charles & William Wheatstone ab 1837 als »Musical instrument
makers & music sellers«, denn die Herstellung von Harmonikas
nach Charles' Konzept und ihr Vertrieb hat größere Dimensionen
angenommen. Um sich die Rechte an seinen Ideen zu sichern, beantragt er
ein Patent Improvements in Concertinas, das ihm am 8. Febr. 1844 gewährt
wird (Nr. 10041, L. 1844). Es nennt u.a. jene Charakteristika (14 Töne
pro Oktavraum alternierend auf zwei im Prinzip baugleiche Gehäusehälften
verteilt), die für die English system concertina konstituierend sind
und nach denen diese Instrumente in der Folge gebaut werden. 1851 auf der
Londoner Weltausstellung präsentieren bereits mehrere Londoner Hersteller
English concertinas in den Lagen treble, tenor,
baritone, bass und schaffen die Grundlage, auf der die sich etablierende
britische Concertinabranche erfolgreich arbeitet und aus der heraus sie
Varianten entwickelt. Nach englischer Vorlage fertigen auch einige kontinentale
Hersteller und erweitern auf diese Weise ihr Sortiment und ihr Exportangebot
(Abb. 4). |
4. USA |
In den Vereinigten
Staaten von Amerika sind vor 1833 die Eingangszölle auf Musikinstrumente
so hoch, daß die Lieferung größerer Mengen von Harmonikas
für europäische Übersee-Exporteure wenig lukrativ ist. Gleichwohl
können sich amerikanische Instrumenreninteressenten mit Hilfe der musikalischen
Fachzeitschriften auf dem laufenden halten über die Innovationen im
europäischen Instrumentenbau und einzelne, von Immigranten und reisenden
Musikern mitgebührte instrumente zum Studium auswerten. In Philadelphia
sind aufgrund der großen deutschsprachigen Gemeinde die Kontakte besonders
lebendig Emilius N. Scherr, Orgel-und Klavierbauer in der Stadt, zeigt auf
der Seventh Exhibition of Philadelphia's Franklin Institute 1832 neben einem
Pianoforte und einer Harfengitarre unter der Nr. 344 eine »harmonica«,
die von der Jury durch lobende Erwähnung ausgezeichnet wird. 1834 erhält
Heinrich Schatz, Bezugsadressat in Germantown Avenue für deutschösterreichische
Instrumente, eine größere Sendung, darunter 37 Accordions (K.
Kauert, Brummkasten aus dem Musikwinkel, in: NZfM 1994, Nr. 2, S.
38). |
James A. Bazin
in Canton/Mass. gilt als amerikanischer Pionier bei der Herstellung der
Mouth organ 1828, der lap organ (Schoßorgel; Abb. 5) 1833 und
des Accordion 1835 US-Patente erhält er 1842 und 1853 für Neuerungen
an Durchschlagzungenspielen. Von Bazin erwirbt der instrumentenbauer Abraham
Prescott in Concord/New Hampshire eine Schoßorgel und nimmt noch in
den 1830er Jahren gemeinsam mit Daniel B. Bartlett die Fertigung dieser
Instrumente auf in Massachusetts selbst beschäftigen sich neben Bazin
Caleb H. Packard in Bridgewater und Nathan B. Jewett in Worcester mit der
Herstellung der auch Rocking melodeon (soviel wie Schaukelmelodion) oder
Elbow melodeon benannten Instrumente. |
Nach 1842,
als die Eingangszölle weiter sinken, treffen in den Hafenstädten
Boston, Philadelphia, New York und New Orleans zunehmend Harmonikas aus
Österreich, Frankreich und England ein, und eine spezialisierte Musikalienedition
beginnt an diesen Orten. In Boston beispielsweise bietet Elias Howe im Selbstverlag
Schulwerke an für folgende Instrumente: »German accordeon«,
»German concertina, accordeon or flutina, seraphine or Melodeon«,
und 1849 erstmals für das »Ethiopian accordeon« In
Ergänzung zu seinem Ethiopian Glee Book trägt Elias Howe
(Boston 1849) damit der Musik der American Minstrel Shows Rechnung
Eines der bekanntesten dieser Ensembles, die die deutsche Harmonika in ihr
Instrumentarium integrieren, konzertiert unter dem Namen The Ethiopian
Serenaders. 1846 treten sie in London mit der Besetzung Banjo, Accordion,
Rahmentrommel (Mr. Tambo) und Knochenkastagnetten (Mr. Bones)
auf Durch ihre spektakulären Gastspiele in Europa und ihre Aufführungen
an vielen Orten der USA machen sie das Accordion weithin bekannt Trotz der
wachsenden Popularität aller Arten von Harmonikas beschränken
sich die amerikanischen instrumentenbauer zunächst auf die Herstellung
der Schoßorgel und konzentrieren ihre Bemühungen auf den Bau
und die Perfektionierung der American reed organ. Europäische
Harmonikas werden weiterhin importiert. Ein Export der Schoßorgel
in nennenswertem Umfang findet nicht statt. |
5. Rußland |
Die Lieferungen
von Harmonikas in das russische Kaiserreich laufen parallel zum Aufbau der
Wiener Harmonikaindustrie, denn die Einfuhr von Instrumenten aus Österreich
unterliegt keinen gravierenden Behinderungen während der Regierungszeit
des Zaren Nikolaus I. (1825-1855). Abgesehen von den Instrumentenhändlern
kommen Immigranten aus der k.k. Monarchie, Sachsen und Preußen ins
Land, die zum Aufbau einer effektiven und modernen metallverarbeitenden
Industrie in die Gewehrfabriken nach Tula angeworben sind. Einige unter
ihnen besitzen die Kenntnis der Harmonikafertigung. Bereits 1840 sollen
in Tula und dem Vorort Culkova mehrere Harmonikawerkstätten bestehen,
darunter drei Betriebe russischer Hersteller. Dem Bericht über die
Gewerbe-Ausstellung des Russischen Reiches zu St. Petersburg im Jahre 1849
zufolge ist die landeseigene Produktion binnen eines Jahrzehnts beträchtlich
gewachsen: »in Tula werden auch Harmonika's (Accordeons) verfertigt.
Man schätzt die jährliche Erzeugung auf 60 bis 70.000 Stück,
welche mit 1 bis 15 Rbl. Silb. per Stück (1 fl 32 1/2 kr bis 23 fl
5 1/4 kr C. M.) bezahlt werden. Sie werden meistensaufdie Messe von Irbit
gebracht undgehen von da nach China« (Wien 1849, S. 188). |
Für den
heimischen Markt modifizieren die Tulaer Harmonikabauer zunächst die
Harmonieprogrammierung der garmonika, damit die charakteristischen
Mollwendungen der russischen Musik gespielt werden können. Aus weiteren
Innovationen erwächst dann eine Anzahl von regionalen garmonnia/garmoschka-Varianten.
Die Bezeichnung der Instrumente bleibt jedoch die ursprüngliche, freilich
in ihren russifizierten Formen; das Wort Accordion verbreitet sich
kaum, Concertina findet primär Anwendung auf gleichtönige
Modelle. |
Trotz der
russischen Produktion werden Wiener und deutsche Instrumente weiterhin importiert.
Mundharmonikas, zumal aus sächsischer Fertigung, stehen preisgünstig
und in großer Zahl zur Verfügung; in St. Petersburg bereits ab
1830, wo der Instrumenten-Engroshändler Johann Wilhelm Rudolph Glier
(1793-1873) aus Klingenthal ein ständiges Lager unterhält, von
dem aus die Harmonikas an die Detaillisten des Landesinneren weitergegeben
werden. |
6. Deutschland |
Die Grundsteine
der deutschen Harmonikaindustrie legen einerseits Glier in Klingenthal und
Christian Meßner mit seinem Bruder Johannes in Trossingen sowie Ignaz
Hotz (1805-1874) in Knittlingen (Württemberg) für die Mundharmonika,
andererseits für die Balgharmonika Heinrich Wagner (1808-1872) in Gera
(Reuss) und Uhlig in Chemnitz. Der die europäischen Länder bereisende
Instrumentenhändler Glier lernt der Überlieferung nach in der
Physikalischen Gesellschaft zu Frankfurt am Main die Mundharmonika
kennen, bringt ein Exemplar nach Klingenthal und initiiert dort den Bau
nach diesem Werkstattmodell. Auch der Barchentweber Meßner und der
Drechsler Hotz arbeiten nach Mustern, erworben von ambulanten Händlern.
Wagner bekommt bei seinem Schwager, dem Harmonikaverfertiger Joseph Reinisch
in Wien, Einblick in die Produktion. Ab 1836 vertreibt er dessen Instrumente
im Fürstentum Reuss und bietet sie auf der Leipziger Messe an. Schließlich
läßt er sich Wiener Facharbeiter vermitteln, um mit ihrer Hilfe
in Gera die Produktion aufzunehmen. Der Strumpfwirker und Klarinettist Uhlig
eignet sich in Wiener Harmonikawerkstätten so viel Wissen an, daß
er 1834, nach seiner Rückkehr in die Heimat, Instrumente eigener Konzeption
zu bauen in der Lage ist. |
Kann die Mundharmonikaproduktion
durch ein kombiniertes Handwerk abgedeckt werden, ist im Bereich der Balgharmonika
das Zusammenwirken verschiedenartiger Berufssparten zwingend: Metall -,
Holz -, Lederarbeiter, Balgbinder, Mechaniker für Tastaturen, Monteure
und Stimmer. Um die Tätigkeiten rationell aufeinander abzustimmen,
greift die sich etablierende deutsche Branche zurück auf das sog. Verlagssystem.
Im Gegensatz zur Herstellungsweise im geschlossenen Etablissement organisiert
sie die Produktion dezentral. Dabei ist die zeichnende Firma zuständig
für Konzept und Kalkulation der Modelle und Varianten, Auswahl und
Qualität der Materialien und den Absatz der Waren In Saubunternehmen
werden nach den Vorgaben der Firma die Auftragsausführung vorbereitet,
die Arbeitsschritte strukturiert und ihre Kosten berechnet. in kleineren
Hausmanufakturen, an die Order und Materialien weitergegeben werden, stellen
Heimarbeiter - Männer, Frauen, Kinder - die Halbfabrikate her oder
führen Tätigkeiten wie Stimmen oder Beledern aus. Diese Betriebsform
nutzt das niedrige Lohnniveau der Heimarbeit und ist die Grundlage für
die Wohlfeigheit und den Sortenreichtum in allen Preislagen Kennzeichen
der deutschen Fabrikate bereits in der Frühphase der Balgharmonikaproduktion. |
Der Versuch
der ersten Unternehmer, durch die Verpflichtung ihrer Mitarbeiter zur Geheimhaltung
von Materialien und Bearbeitungstechniken konkurrierende Geschäftsgründungen
auszuschließen, schlägt fehl. Zu attraktiv sind die Aussichten,
sich in der neuen Branche erfolgreich selbständig zu machen, und zahlreiche
Betriebe erwachsen aus der Initiative einzelner fähiger Arbeiter. Der
in Gera bei Wagner & Co ausgebildete Friedrich Gessner verpflanzt die
Balgharmonikafertigung nach Magdeburg 1838. Bei Gessner wiederum lernt Adolph
Eduard Herold, der der Klingenthalter Mundharmonikafertigung die Balgharmonikabranche
angliedert. Uhligs innovationen strahlen von Chemnitz (Konkurrenzfirma am
Orte J. G. Höselbarth) nach Waldheim (C. F. Reichel) und Carlsfeld
(C. M. Zimmermann). Der durch Buschmann senior und junior ins Leben gerufene
Berliner Harmonikabau wird durch Chr. F. Pietschmann weitergeführt
und bekommt neue Impulse durch J. F. Kalbe, der seine Konkurrenzfirma 1840
gründet. Chr. Fr. L. Buschmanns Ansiedlung und Werkstattgründung
1835 in Hamburg mit der Spezifizierung »KIavier- und Physharmonica-Bauanstalt«
zieht dortselbst weitere Initiativen in Produktion und Handel nach. Die
genannten sächsischen und preußischen Firmen sind leistungsfähige,
exportorientierte Unternehmen, die die industrie- und Gewerbeausstellungen
in London 1851 und München 1854 mit breiten Sortimenten beschicken.
Allein die Firma Wagner & Co in Gera fertigt 1855 mit 405 Zuarbeitern
rund 100.000 Balg- und ca. 750.000 Mundharmonikas. Die Konkurrenzgründungen
am Orte, Gebr. Bufe 1858 und Wilhelm Spaethe 1859, zwingen Wagner, die Produktionsverfahren
zu rationalisieren, mit dem Ergebnis, daß er 1862 mit nur ca. 250
Arbeitern die gleiche Anzahl Balginstrumente fertigen kann sowie über
eine Million Mundharmonikas (Abb. 6). |
Ab 1868 erlangt
die fabrikmäßige Fertigung zunehmend Bedeutung vornehmlich in
den Sparten Metall- und Holzbearbeitung, denn Julius Berthold (Klingenthal)
entwickelt Spezialmaschinen für die Harmonikabranche. Ihre volle Kapazität
kommt allerdings erst nach Einführung der Dampflkraft 1877, 1879 im
Klingenthaler Bezirk, zur Geltung und schlägt sich nieder im Ausbau
der Arbeitsteilung, im beschleunigten Arbeitsgang bei gleichbleibender Qualität
und im Einsatz ungelernter Arbeiter; Faktoren, die die Produktionskosten
erheblich herabsetzen. Der Ausbau der maschinellen Fertigung setzt gegenüber
anderen Industriezweigen zwar verhältnismäßig Spät
ein. Ein Grund mag darin liegen, daß trotz Zuhilfenahme von Maschinen
eine große Zahl von Arbeitsgängen weiterhin in Handarbeit ausgeführt
werden muß Insofern bleiben auch kleine, nur mit wenigen Maschinen
ausgestattete Firmen konkurrenzfähig, und das Verlagssystem garantiert
die Fortsetzung der Heimarbeit bei niedrigem Lohnniveau. |
Nach Reichsgründung,
als die Zollgesetze und das Patentrecht für ganz Deutschland einheitlich
geregelt sind, entwickelt sich die Branche zu einer außerordentlich
prosperierenden und liefert zeitweilig den bedeutendsten Exportartikel der
gesamten Musikinstrumentenindustrie. Mein Feld - die Welt ist schließlich
um die Jahrhundertwende der prägnante Werbeslogan, denn innerhalb der
heimischen Musikinstrumentenindustrie erzielt sie die höchste Exportquote
gemessen am Produktionsvolumen (80% laut K. Schilpp 1915, S. 23). Gesamtwertmäßig
steht sie an zweiter Stelle nach dem Pianofortebau, stückzahlmäßig
überragt ihre Produktion bei weitem jede andere Instrumentengattung.
Jährlich werden 600.000 bis 1.000.000 Balgharmonikas exportiert zuzüglich
einer immensen Anzahl von Mundharmonikas (Abb. 7). |
In der deutschen
Harmonikaindustrie dokumentieren sich bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges
alle Spielarten zeitgenössischer Unternehmensstrategien: Etikettenschwindel,
dubiose Patentansprüche und Kontrafaktionsprozesse, Abwerbung qualifizierten
Personals, unlauterer Wertbewerb, Betriebsspionage, Preisdrückung;
andererseits aber auch firmeneigene Unterstützungs- und Versicherungskassen,
Sozialfonds, geregelte Verträge, Arbeitsplatzsicherung, Gewinnbeteiligung
für Arbeiter, Fortbildungsangebote und Mäzenatentum seitens einiger
Unternehmer. Die international operierenden, den Kundenwünschen entgegenkommenden
deutschen Versandhäuser und jene Exportfirmen, die Harmonikas in Bestandteilen
oder Baugruppen zwecks Dämpfung der ausländischen Zollbelastung
anbieten, tragen zur Weltstellung der deutschen Harmonikabranche entscheidend
bei. 90% des Weltbedarfs an Harmonikas, die Blasakkordeons und Mundharmonikas,
Bandonions und Konzertinas als Monopolartikel zu 100%, stammen aus deutscher
Fertigung, auch wenn sie in neutraler Form angeboten werden oder Signaturen
der Verfertiger aufweisen, also derjenigen, die die Baugruppen und Bestandteile
zusammensetzen und das Instrument zum Verkauf in den importierenden Ländern
fertigmachen. Hamilton S. Gordon (New York), »Importer and manufacturer
of musical instruments and musical merchandise of every description«,
als eines der keineswegs auf Harmonikas spezialisierten US-Importhäuser,
bietet um 1895 in seinem Illustrated Cataloge 22 einreihige »accordeons«
in 29 Bestellnummern an, 3 zweireihige »accordeons«, 7
»blow accordeons«, 6 zwanzigtastige »concertinas«,
35 »harmonicas« (Mundharmonikas) in 51 Nummern und 16 Nummern
»accordeon trimmings« mit der Ergänzung »prices
for other accordeon material furnished on application«. Die deutsche
Provenienz dieser Artikel steht außer Zweifel. Sie ist aber hinsichtlich
der Tastenharmonikas der Preisliste nicht zu entnehmen, eine Identifikation
der Herstellerfirmen seitens der Kundschaft ist von Hamilton S. Gordon nicht
angestrebt. |
Ein illustrierter
Harmonika-Spezialkatalog jener Zeit hingegen, vergleichsweise der der Vogtländischen
Musikinstrumentenfabrik Hermann Dölling junior, gegründet 1885
in Markneukirchen, enthält rund 300 Nummern auf 84 Seiten. Realiter
ist das Sortiment jedoch weit größer anzusetzen, weil hier die
Ausführungen mit Registern, Perlmuttertasten oder anderen Extras keine
gesonderten Nummern besitzen. im Stückpreis ausgezeichnet sind Accordeons
bis 120 Mark, Bandonions bis 280 Mark, Mundharmonikas (Kreuzwender; Abb.
8) bis s Mark und Blasaccordeons (Abb. 9) bis 2.75 Mark. Die letzte offizielle
deutsche Ausfuhrstatistik vor Kriegsbeginn weist 27.850 Doppelzentner Balgharmonikas
aus und 30.602 Doppelzentner balglose Harmonikas. |
Der Erste
Weltkrieg und seine ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen
treffen die Harmonikabranche empfindlich, besonders den Export. Italienische
Firmen liefern nun in jene Regionen, die ehedem Absatzgebiete ausschließlich
deutscher Produkte waren. Um in den 1920er Jahren Markte wiederzugewinnen,
drücken die Betriebe die Erzeugerpreise, was sich in weiterer Aufsplitterung
der Arbeitsschritte niederschlägt. Mehr als 20 Branchen sind nun an
einer Balgharmonika beteiligt, bevor sie den zeichnenden Betrieb erreicht.
Bei der Heimarbeit müssen Frau und Kinder herangezogen werden, um auf
einen ausreichenden Verdienst zu kommen. Laut Betriebsstatistik vom Juni
1925 arbeiten 3196 Betriebe, angesiedelt vornehmlich in Sachsen und Thüringen,
mit 11.910 Beschäftigten. In der württembergischen Harmonikaindustrie
hingegen setzt sich die Tendenz zur Kartellierung fort. Nachdem die Matth.
Hohner AG mit den Firmen Messner in Trossingen, Hotz und Pohl in Knittlingen,
Geßner in Magdeburg, Kalbe in Berlin fusionierte, integriert sie 1928/29
Weiss und Koch in Trossingen, nicht ohne die Produktion weiterhin mit deren
weltweit eingeführten Marken- und Firmennamen zu etikettieren. |
Trotz der
mächtigen Konkurrenz des Trossinger Großbetriebs können
sich die sächsischen Firmen behaupten, namentlich aufgrund des inländischen
Käuferverhaltens und der Sortenvielfalt, die die extrem aufwendig zu
produzierenden Modelle wie Bandonion, Konzertina, Symphonetta einschließt.
Ab 1933 jedoch und besonders nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, als die
politische Obrigkeit durch rigide Bestimmungen, Materialkontingente, Firmenenteignungen
(Arisierung) und andere Maßnahmen substantiell in Produktion und Handel
eingreift und die gelenkte Werbung das Käuferverhalten kanalisiert,
reduziert sich die Zahl der Betriebe. |
Nach 1945
kann in Sachsen und Thüringen nicht an die Verhältnisse vor 1933
angeknüpft werden. Die volkseigenen Betriebe der DDR setzen auf die
Akkordeonproduktion eines begrenzten Sortiments. In der BRD schlagen Initiativen
zum Aufbau neuer Firmen bis auf wenige Ausnahmen fehl. Nur die Matth. Hohner
AG Trossingen besteht als Großbetrieb weiter. Ob die Vereinigung Deutschlands
positive Wirkungen auf die inländische industrielle Harmonikaherstellung
haben wird, läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
abschätzen. |
Auf den Frankfurter
Musikmessen der 1980er und 1990er Jahre sind neben den Harmonikas deutscher
Produktion Instrumente aus folgenden Ländern präsent gewesen:
Italien, Frankreich, Belgien, Schweden, Österreich, Slowenien, Tschechoslowakei
bzw. Tschechische Republik, Hongkong, Japan, China. Es muß jedoch
berücksichtigt werden, daß Hersteller von Modellen, die primär
einer bestimmten regionalen oder musikalischen Tradition angehören,
die Messe nicht beschicken, aber dennoch einen bedeutenden Beitrag zum Harmonikabau
leisten: Großbritannien mit English concertinas, die Schweiz mit den
Örgeli, Indien oder Rußland mit variantenreichen Sortimenten.
Als Folge des weltweiten Revivals der Diato, jener handlichen Wechseltonharmonikas,
die in vielen Kulturen eigene Musikstile prägen, zeigen sich vielerorts
Initiativen zu handwerksmäßiger Fertigung hochwertiger Instrumente,
die in kleinen Serien oder nach Sonderwünschen ausgeführt werden.
Sie gewährleisten, daß die Handwerkskunst des Harmonikabaus weitergebührt
wird. |
V.
Technische Einrichtung, Modelle und Varianten |
Voraussetzung
für die Verzahnung der technischen Experimente innerhalb des Harmonikabaus
ist, daß die den neuen Klangwerkzeugen zugrundeliegenden, wesentlichen
Erfindungen nicht nur erdacht und in Instrumenten manifest, sondern vielerorts
bekannt und zugänglich sind. Zwei der wichtigsten Initiatoren in diesem
Sinne sind der kgl. bayerische Rentamtmann Eschenbach und der einer Instrumentenbauerfamilie
entstammende Buschmann. Kontakte zu Eschenbach unterhalten Johann David
Buschmann, Haeckl, Friedrich Sturm u.a. innovative Instrumentenkonstrukteure,
denn er teilt bereitwillig sein Wissen und den Stand seiner Experimente
mit - entgegen dem Usus der Zeit, den Innenbau klingender Körper geheim
zu halten oder Interessierte absichtlich falsch zu informieren. Der Prototyp
seines Durchschlagzungenspiels ist beschrieben (AmZ, 1820, Sp. 505) als
oblonger, flacher Kasten leichter Bauart mit einer Klaviatur von 3 1/2 Oktaven,
unter dem ein per Knie zu Betätigendes Balgwerk befestigt ist. Eschenbachs
Erfindungen sind erstens der instrumentenname Aeoline, zweitens die Verbindung
eines direkt wirkenden Druckbalges mit einem Kanzellenwerk, das abgestimmte
Metallzungen, befestigt auf Platinen über Schwingungskanälen,
enthält. Die Luftzufuhr ist willkürlich steuerbar und ermöglicht,
im Gegensatz zum Orgelgebläse, Crescendi und Decrescendi auf jedem
Ton (AmZ, 1820, Sp. 505). Buschmanns Erfindung besteht in der Modifikation
der Luftzufuhr, indem er Strömungen entgegengesetzter Richtungen direkt
auf ein- und dasselbe Kanzellenwerk wirken läßt. Das Prinzip
der reziproken Luftzufuhr verwirklicht Buschmann durch den Einsatz des sog.
Wechselbalges in Dilatation und Kontraktion eines luftdichten Faltengefüges
oder durch Einziehen von Luft in die Lunge und das Herausblasen. Wie die
Atmung sich aus Aspiration und Exspiration (nach der Terminologie von Sachs)
zu einer Einheit zusammensetzt, so kann die Luftströmung zweier entgegengesetzter
Phasen die Zyklen der musikalischen Bewegung in optimaler Weise wiedergeben
und zu einem Ganzen verschmelzen. |
Eschenbach
und Buschmann machen ihre Erfindungen publik und demonstrieren sie in ihren
Instrumenten, am Aufbau des neuen Produktionszweiges wirken sie jedoch nicht
entscheidend mit. Denn Eschenbach interessiert nicht die wirtschaftliche
Verwertung seiner Ideen, und Buschmann ist zunächst vorrangig beschäftigt
mit dem Bau und der Vervollkommnung des Terpodions, dem von seinem
Vater entwickelten Friktionsspiel, das er auf vielen Konzertreisen bekannt
macht. Erst 1835, mit Gründung seiner eigenen Firma in Hamburg, konzentriert
sich Cht. Ft L. Buschmann aufdie Perfektionierung der Durchschlagzungenspiele.
Wieder modifiziert er die Luftzufuhr und entwirft Instrumente, die ausschließlich
auf Sogluft reagieren. Des weiteren baut er zweichörige Wechselbalg-Harmonikas,
in denen jede Taste den Grundton und die Oktav zugleich angibt und liefert
Sätze zu je drei Instrumenten, die sich in ihren Lagen ergänzen.
1848 heißt es dazu: »Auch das Akkordion hat Buschmann sehr
vervollkommnet. Es sind nämlich alle 6 bis 7 Octaven eines ganzen Orchesterinstrumentes
über drei Akkordions vertheilt, von denen jedes 2 Octaven und 2 überzähligle
Töne hat. Drei Akkordion erreichen dasselbe, was eine Physharmonika;
letztere wiegt 250 Pfund, jene drei kaum 12 Pfund« (AmZ, 1848,
Sp. 62). |
1. Harmonikainstrumente
für Luftströmungen einer Richtung |
Haeckl, »kk
priv. Phys-Harmonica Erzeuger« in Wien (Patent Nr. 661, Wien
1821), verändert das Gebläse der Eschenbachschen Aeoline. Er verbindet
das Kanzellenwerk mit dem aus dem frühen Orgelbau bekannten Widerbläser.
Eine Beeinflussung der Tonstärke kann auf seinem Instrument durch den
differenzierten Tastendruck erreicht werden, denn »je weiter ein
Ventil sich öffnet, desto mehr wind kann in die Canzelle dringen, und
desto stärker natürlich ist der Ton« (G. Schilling, Encyclopädie
der gesammten musikalischen Wissenschaften, Bd. 5, Stg. 1837, S. 448),
des weiteren durch die Drosselung der Windzufuhr mittels eines Pianozuges
oder durch eine Dämpfung der Klangabstrahlung. Der Balg der zierlichen,
mobilen Ausführungen der Physharmonika, der sog. Cabinet-Modelle,
ist durch einen aus der linken Seitenwand des Korpus herausragenden Hebel
per Hand zu bedienen oder per Fuß über ein Seilzugpedal, das
auf den Schwenkarm wirkt. |
Das gleiche
Balgprinzip ist in der amerikanischen Schoßorgel angewendet. Der Widerbläser
ist hier indessen nicht vollständig in das Gehäuse eingeschlossen.
Um die Luft aus dem unteren externen Balgteil in den oberen zu pressen,
drückt der Spieler mit seinem Unterarm auf den Korpusrahmen (Elbow
melodeon) Insofern kann das Manual nicht randständig sein, sondern
ist gegen die Mitte der Korpusdecke hin verlagert. Es setzt sich zusammen
aus Knopf- oder Stabtasten, wobei der üblichen Klaviertastenfolge entsprochen
ist (Abb. 5) |
Die Einrichtung
des Widerbläsers wird gegenwärtig genutzt für die in Indien
verbreitete Sruti-box. Sie konserviert jene ursprüngliche Ausprägung,
bei der die Schöpfkammer des Balges durch eine Spreizfeder offen gehalten
ist Indem die Bodenplatte des Schöpfers auf die starre Zentralwand
hin bewegt wird, drückt sich die Spreizfeder zusammen und die komprimierte
Luft entweicht über Verbindungskanäle in die Blaskammer, deren
Deckplatte sich infolgedessen hebt. Vermittels ihres Eigengewichts und zweier
von außen wirkender Druckfedern sinkt die Deckplatte der gehüllten
Blaskammer bei nachlassender Luftzufuhr nieder, komprimiert Gleichfalls
Luft, die ihrerseits das Lederventil über den Verbindungskanälen
schließt und sich Ausgänge durch das auf der Deckplatte liegende
Kanzellenwerk sucht. Nach Öffnung von Drehdeckern trifft die Luftströmung
auf bestimmte Zungen und bringt sie zum Tönen Aufgrund ihrer Bestimmung,
Borduntöne gleichmäßiger Lautstärke kontinuierlich
zu halten, benötig die Sruti-box keine Tastatur im engeren Sinn. Eingestellt
werden die gewünschten Töne jeweils vor Beginn des Spiels über
Drehklappen. |
Ein Balgwerk
abweichenden Prinzips besitzt die Harmoniflüte (Abb. 10), die von Pariser
Herstellern wie Alexandre, Busson, Kasriel, Limonaire Frères und
Mayermarix in Varianten unter Bezeichnungen wie accordéon-orgue,
flûtina, accordéon-flûtina, piano-concertina
angeboten wird. Hier liefert der auf der dem klavierähnlichen Manual
entgegengesetzten Korpusseite gelegene Schöpfbalg Exspirationswind
in einen anschließenden zweiten Faltenbalg, den Kompensationsbalg
Seine Funktion ist es, die Windstöße des Schöpfers auszugleichen
und eine regulierte Luftströmung in den Windkasten einzuleiten. Während
der Ansaugperiode des Schöpflbalges leert sich der Kompensationsbalg
kontinuierlich unter dem Druck einer Feder so lange, bis der Schöpfer
wieder in der Lage ist, ihn erneut zu füllen. Der Ton der Harmoniflûte
ist in seiner Dynamik gleichmäßig, er kann während des Spiels
nicht differenziert werden. |
Weichen die
Harmoniflûte und die Widerbläserinstrumente erheblich von der
Intention der Aeolinenkonstrukteure ab, dynamisch nuancierbare, ausdrucksstarke
Töne bei kontinuierlicher Luftzufuhr zu erzeugen, so treibt Reinlein
aus Wien durch seine Aeol-Harmonika die Entwicklung voran (Patent Nr. 1177,
Wien 1823). Auch Debain, dessen frühe instrumente noch nach dem Widerbläserprinzip
arbeiteten, versucht in seiner Harmonina, der Aeolinenidee näher zu
kommen. Der hinter dem Gehäuse extern liegende Schöpfbalg treibt
auf Druck seinen Luftinhalt zunächst in den zentralen Windkasten, dann
weiter in den frontalen Magazinbalg. Während der Schöpfperiode
speist der mittels einer Feder sich zusammenziehende Magazinbalg den Windkasten
so lange, bis der Schöpfer wieder gefüllt und zum Luftgeben bereit
ist. Gebläseeinrichtungen mit einem Magazinbalg dieser Art finden sich
in der Bibelharmonika und in einigen Modellen des sog Einhand-Harmonium.
Sie sind in der Lage, dynamisch variable Töne beliebiger Länge
zu bewirken, zu einer nuancierenden Tongestaltung und Artikulation eignet
sich ihr Balgprinzip nicht. |
Mit Hilfe
des Einkammerbalges hingegen kann der Spieler direkt Einfluß nehmen
auf den Schalldruck und somit auf die Dynamik, jedoch nur während einer
einzigen Periode; je nach Auslegung des Instruments also entweder während
der Ausströmperiode (Druckharmonika/Quetsche) oder während
der Zugperiode (Ziehharmonika). Vergleichbar dem Bläser des
Harmonicor oder der Harmonitrompe, der seine Lunge durch rasches Luftholen
auffüllen muß, ventiliert der Instrumentalist durch eine abrupte
Balgbewegung in der jeweiligen Gegenrichtung, bevor das Spiel fortgesetzt
werden kann. Einmanualige Instrumente und Fußbässe (Abb. 11)
haben die automatisch wirkenden Ventile im Balgboden, zweimanualige verbinden
die Balgböden auf die Weise, daß sie einen zentralen Hohlraum
bilden, in dem die Ventile tätig sein können. |
Um den intermittierenden
Spielwind in einen annähernd kontinuierlichen umzuwandeln und dennoch
die dynamische Gestaltung so weitgehend wie möglich zu gewährleisten,
erweitern Leclerc und Arthur Quentin de Gromard den Einkammerbalg zum Zweikammerbalg.
Dessen beide Enden sind im Korpusinneren des Mélophone oder des Cecilium
fest verankert, damit seine zentrale, luftundurchlässige Trennwand
abwechselnd auf sie zu bewegt werden kann. Dabei saugt eine der Kammern
Luft an, während die andere sich leert und umgekehrt. Das Kanzellenwerk
des Mélophone ist eingerichtet für Exspirationswind, das des
Cecilium reagiert auf Aspiration. |
Werden die
beiden Balgkammern zu selbständigen Einheiten und räumlich getrennt
durch einen Sammelbehälter mit unveränderlichem Volumen, müssen
ihre Deckel zu bewegen sein. Um beide Deckel simultan mit einer Hand steuern
zu können, sind sie verbunden durch eine Schubstange. Ihre Traktion
bewirkt das gegenläufige Schöpfen und Abgeben von Luft (Patent
Nr. 219. 336 an Hermann Ehbock, Bln. 1909). |
In der Symphonetta
(Patent Nr. 122.538 an Richard Scheller, Bln. 1900) hingegen sind die beiden
Bälge nicht starr verkoppelt, sondern jede Hand dosiert die Luftströmung.
Aufgrund zweier Windkästen unveränderlichen Volumens, die durch
ein Windleitsystem verbunden sind, bietet Schellers Gebläseeinrichtung
die direkte, ununterbrochene Zufuhr von Exspirationswind und gestattet,
den Ton in jeder Weise dynamisch zu formen, zu artikulieren und beliebig
lange auszuhalten. Die beiden Hände des Spielers bewegen die Manuale
gegenläufig auf und nieder, während die Finger die Knopftastaturen
abgreifen. |
Eine im Vergleich
zur Symphonetta weniger differenzierte kontinuierliche Luftzufuhr gestattet
das Dreibalgsystem der Pedalharmonika: Zwei Tretschöpfer versorgen
mit Exspirationswind den durch die Hände dirigierten, zentralen Steuerbalg
des Instrumentes (Abb. 12). |
Vorschläge
für Balgkombinationen und Luftleitsysteme sind zahlreich und großteils
in Patenten niedergelegt, so zuletzt durch Arnold Weirig (Nr. 9.002.390,
P. 1990). Dergestalt realisierte Harmonikas sind jedoch bislang marginal
geblieben aufgrund ihrer aufwendigen, kostenintensiven Fertigung und der
erforderlichen Umstellung der Balgführungstechnik seitens der Musiker. |
Balglose Harmonikas,
die auf eine einzige Windrichtung programmiert sind, können unterschieden
werden gemäß ihres Windeingangs in direkt angeblasene Kanzellenwerke
(z. B. die Hohner Mundharmonikas Polyphonia und Educatorbaß) und in
über ein Mundstück anzublasende Windkapselinstrumente wie Neu-Tschiang
(Abb. 13; s. AmZ, 1829, Sp. 489f.; 1830, Sp. 561f.), Symphonion und Harmoniphon.
Je nach Entfernung des Instrumentenkorpus vom Munde kommen elastische Schläuche
zur Anwendung, Rohre oder Lippenstützen. Mundstück-Harmonikas
bieten zur Auswahl aus dem Tonvorrat entweder Tasten- und Klappenwerke,
die die Windpassage freigeben, oder verlangen Lochdeckung durch die Fingerkuppen
zwecks Isolierung der gewünschten Töne aus dem Kontingent. |
Die Wetterharmonika
(Albin Bauer, Markneukirchen vor 1882) fängt durch Trichter den Wind
einer Richtung ein und leitet ihn zum Zungenwerk (Abb. 14). Das Instrument,
dem Wind ausgesetzt, gibt Harmonien, die in ihrer Dynamik bestimmt werden
durch seine Stärke. |
2. Harmonikainstrumente
für reversible Luftströmungen |
Die Idee Buschmanns,
reversible Luftströmungen zu erzeugen und im Instrumentenbau nutzbar
zu machen, zielt einerseits aufdie Bereitstellung dynamisch nuancierbarer
Töne und Tonkombinationen, andererseits auf die Herstellung möglichst
kleiner aber tonreicher Instrumente. Da die auf einem Träger fixierte
Durchschlagzunge nur schwingt, wenn die Luftströmung ihre Außenfläche
trifft, sind bei reziproker Luftzufuhr je Ton zwei Zungen unerläßlich,
sofern dieser Ton in beiden Luftrichtungen verfügbar sein soll (Abb.
15). Dabei ist es dem Instrumentenbauer freigestellt, diese beiden Zungen
einer Platine und einer Kanzelle zuzuordnen, sie zu verteilen auf zwei Platinen
über einer Kanzelle oder auf zwei Platinen über zwei Kanzellen.
In jedem Fall aber ist die Zungenmontage rectoverso vorzunehmen, um der
jeweiligen Luftströmungsrichtung zu entsprechen. Ist ein Zungenpaar
über einer Kanzelle plaziert, erfordert es die Ansprache- und Klangqualität
vornehmlich der tieferen Lagen, die Schwingungskanäle auf ihrer Freiseite
durch ein elastisches Leder abzudecken, das sich nur öffnet, wenn der
Luftstrom den Schwingungskanal passiert. |
Instrumente,
die mit reziproker Luftzufuhr auf ein und dasselbe Kanzellenwerk arbeiten,
unterbrechen ihren Klang bei jedem Wechsel der Phase, denn die Luftströmung
endet definitiv. Aufgrund der gegenläufigen Luftrichtungen herrschen
unterschiedliche Bedingungen für die Windpassage sowie bei der Klangabstrahlung,
und ein Ton, der gebildet wird, wenn Aspirationswind dem Instrument zuströmt,
weist eo ipso weniger hohe Partiale auf als der gleiche Ton in umgekehrter
Phase. Zahlreiche Innovationen zielen darauf, der durch Ex- und Aspiration
bedingten Inhomogenität entgegenzuwirken, sei es durch Kanzellenaufsätze
oder durch Einrichtungen zur differenzierenden Dämpfung, sei es durch
Konfiguration mehrerer Chöre mit ausgleichender Tendenz oder durch
den Einsatz des egalisierenden Tremolando Auch beim Reinstimmen im Instrument
werden Unterschiede so weit wie möglich nivelliert, was nach Gehör,
nicht nach Meßwerten erfolgt. |
Die außerordentliche
Chance beim Einsatz reversibler Luftströmungen liegt aber darin, eine
Kanzelle für zwei oder mehrere Zungen unterschiedlicher Tonhöhen
vorzusehen. Eine solche bisonore Anlage, ursprünglich dem Wunsch nach
zierlichen, tonreichen Instrumenten erwachsen, folgt dem Gebot größtmöglicher
Materialund Raumausnutzung und manifestiert sich am deutlichsten in winzigen
Mundharmonikas im Maße von 3,5 x 1,2 x 1,0 cm, die fünf Kanzellen
a zwei Zungen besitzen und zehn Töne im Tonraum einer Dezime respektive
zwei fünftönige Akkorde (T D7) bieten. |
Der Wiener
Orgelbauer Demian und seine Söhne Carl und Guido, wie viele ihrer Zeitgenossen
fasziniert von der Kapazität der kleinen, mehrzüngigen Mundharmonika,
beschreiben in ihrem Patentgesuch (Nr. 1757, Wien 1829) ein einmanualiges
Tasteninstrument mit Wechselbalg, in dem fünf Kanzellen mit je zehn
Zungen auf Sammelplatinen besetzt sind, damit unter jeder Taste zwei fünftönige
Akkorde untetschiedlicher Zusammensetzung parat liegen. Durchaus angemessen
prägen sie für dieses Instrument den Namen Accordion. Der
Korpus des patentierten Accordion mißt in seiner Länge 22,5 cm,
die Breite beträgt knapp 9 cm, die Höhe bei geschlossenem, zweifaltigen
Balg s cm zuzüglich 3,5 cm für das Grifflbrett, das Gesamtgewicht
liegt unter einem Pfund. Das Kanzellenwerk ist als kompakter Einsatz konzipiert
und zeigt fünfparallele Kastenkanzellen gleicher Dimension; die Stimmplatten
sind in das Kanzellenholz eingeschoben. Das Regierwerk ruht extern auf einer
Palette (Schieber), die über den belederten Stegen des Kanzellenwerks
dieses hermetisch abschließt. Sie gleitet in den Nuten des Korpusrahmens
und erfüllt gleichermaßen die Funktionen einer Gehäusedecke,
eines mit Tonlöchern versehenen Montierbodens und eines Grifferstträgers. |
Die Kombination
von Kanzelleneinsatz und Palette findet sich als Baucharakteristik im einmanualigen
Accordéon parisien wieder (»accordéon romantique«
nach der Terminologie von P. Monichon [ 1985, S. 38 ] mit »sommier«
und »coulisse«) indem es jedoch die durchgängige Akkordprogrammierung
und somit die Großraumkanzellen verwirft, statt ihrer Einzeltöne
bietet, müssen für diese entsprechend viele Tasten bereitstehen.
Die massiven Holzdecker und breiten Stabtasten werden demzufolge ersetzt
durch zierliche runde Decker, Klavisdrähte und schmale Tastenhebel
mit Perlmuttasten. Im Rahmen der Einführung einer zweiten Tastenreihe
wandert das Griffbrett in die Mitte der Palette und wird gleichsam zur Achse,
von der aus die Klavisdrähte distal wegstreben, um die Tonlöcher
zu erreichen. Denn die Randlage der Tonlöcher ist unausweichlich aufgrund
der Kanzellenauslegung im Einsatz. Hier sind vom Rande her die Einzelstimmplatten
in das Kanzellenholz geschoben. Ein zweireihiges 48 töniges Accordéon
parisien der unter Louis Philippe (1830-1848) charakteristischen Bauart
besitzt 24 Tasten (inklusive Zwillingstasten: jumelles) und zwei
affine Wippklappen (bascules d'harmonie), eine Applikaturstange (barre)
und den Sockel mit der Luftklappe. |
Auch die viktorianische
Concertina jener Zeit enthält den Kanzelleneinsatz (pan) mit
in Führungsschlitze eingeschobenen Einzelstimmplatten sowie die randständige
Anordung der Tonlöcher. Das Kanzellenlayout ist radial. Abweichend
von der kontinentalen Bauart bildet das Regierwerk hier jedoch eine von
der Gehäusedecke unabhängige, separate Einheit auf eigenem Montierboden.
Es gibt kein Grifflbrett sondern zwei Manuale, die annähernd zentrisch
die Gehäusedecken besetzen; ihre zierliche Stifttastatur gliedert sich
in vier Ketten. 48 Töne, alternierend auf zwei Manuale verteilt, sind
48 Stifttasten zugeordnet. Als Haltepunkte der Hände sind Daumenschlaufen
und korrespondierende Stützen für die kleinen Finger vorgesehen.
Der Korpus zeigt im Umriß ein regelmäßiges Sechs- oder
Achteck mit zentraler Balglage und zwei im Prinzip baugleichen Gehäusen.
Aufgrund ihrer kompakten Bauweise mißt die treble concertina kaum
über 15 x 15 x 15 cm und wiegt um 1000 Gramm. |
Die einreihigen
bisonoren (s. VI.1.) Griffbrettharmonikas der Wiener Werkstätten des
Vormärz mit 6 bis 14 Knopf-, Scheiben- oder Stabtasten scheiden sich,
abgesehen vom Schiebet Demians mit seinem Kanzelleneinsatz, in vier Konstruktionsarten;
der Terminologie einiger instrumentenbauer zufolge in Flachdeckel,
Unterdeckel, Griffdeckel und Freideckel. Kennzeichen
des Flachdeckels ist, daß Gehäusedecke, Montierboden und Kanzellenholz
eine Funktionseinheit bilden Beim Unterdeckel-Prinzip hingegen ist die Gehäusedecke
ein selbständiges Bauelement. Gehäuserahmen und Moptierboden sind
fest verbunden (Patent Nr. 1567 an Franz Bichler und Heinrich Klein, Wien
1834). Griffdeckelinstrumente besitzen keinen Montierboden, vielmehr übernimmt
der Griffselbst die Trägerfunktion für Regier- und Kanzellenwerk
und mutiert gewissermaßen vom Griffbrett zu einem Griffkasten, der
partiell extern und intern arbeitet (Patent Nr. 2989 an Johann und Heinrich
Klein, Wien 1840; Patent Nr. 3555 an Steinkelner, Wien 1840; Patent Nr.
3710 an Johann Remenka, Wien 1842). Der Freideckel liegt paßgerecht
im Gehäuserahmen, ohne eine feste Verbindung mit ihm zu bilden. Er
vereinigt die Funktionen aufsich, Träger des Regierund des Kanzellenwerks
sowie des Griffs oder Grifflholmes zu sein. |
Die in der
Folge entwickelten Balgharmonikas lehnen sich an eines der genannten Konstruktionsprinzipien
an Beim Ausbau zu bilateralen Instrumenten kommt es zur Kombination zweier
Arten oder zur Anwendung eines einzigen Bauprinzips. Eines der über
Jahrzehnte in aller Welt erfolgreichsten Modelle (german accordion
or melodeon, accordéon allemand; Abb. 16) trägt
Flachdeckel beiderseits des Balges. Indem die Kanzellen des Akkordwerks
nicht mehr im Gehäuse liegen sondern nach außen verlegt sind,
können sie auf ein optimales Maß vergrößert werden
zum sog Brummkästchen Es ermöglicht sonore Fülle für
Akkorde und Bässe in der tiefen Lage und favorisiert bei Qualitätinstrumenten
die Bildung von Differenztönen. Mit Stoßklappen ausgestattete
Brummkästchen bieten bis zu fünf sog Stöpselbässe zuzüglich
einer Luftklappe gleicher Bauweise. Werden die Stoßklappen ersetzt
durch Hebelklappen, faßt das Brummkästchen bis zu 10 Klappen
bei dispersiver Anordnung. Eine Ergänzung um zwei bis vier Knopftasten
oder die Kombination mit Winkelklappen schaffen Arrangements von maximal
20 bisonor besetzten Effektoren. Flachdeckel ohne Brummkästchen mit
im Prinzip gleicher Regierwerkmechanik für beide Hände erlauben
im Akkordwerk-Manual mehrzeilige Tastenlayouts. |
Das Unterdeckelprinzip
beiderseits findet sich am markantesten ausgeprägt in der Wiener Harmonika.
Es ermöglicht die in den Gehäuserahmen frontal integrierte Lage
des Akkordwerk-Manuals. In einer Zeile stehen dort bis zu 12 Scheibentasten,
üblicherweise sind die Tastaturen jedoch mehrzeilig organisiert. |
Belege für
die bilaterale Anwendung des Griffdeckelprinzips fehlen bislang, entweder
ist das Hauptmanual dieser Bauart zufolge konzipiert oder das Akkordwerk-Manual. |
Hingegen ist
der Freideckel konsequent realisiert in den Bandonion- und Konzertinamodellen.
Uhlig übernimmt vom Demianschen Accordion die Bisonorität, das
Regierwerk von Holz mit zunächst fünf Tasten und die Sammelplatinen,
nicht aber deren Akkordprogrammierung. Seine Instrumente sind bilateral
griffbrettlos eingerichtet und haben Quaderform Zum Zweck der ergonomischen
Ausformung arrangiert Uhlig die Tasten analog des Bogens, den die Fingerkuppen
bei Handauflage beschreiben. Jedes Manual besitzt einen Holm, an dem der
Handriemen befestigt ist, der dazu vorgesehen ist, über den Handrücken
zu verlaufen. Gleichzeitig bietet der Holm dem Daumen Halt und Steuerkontakt. |
3. Experimentierfeld
Harmonika |
Trotz signifikanter
Konstruktionsmerkmale bildet der Harmonikabau keine Prototypen aus. Allenfalls
handelt es sich um Konstanten oder Leitformen, die von den instrumentenbauern
mit Variablen gefüllt werden. Denn allzu viele modifizierbare Teile
enthält der komplexe Funktionsmechanismus einer Balgharmonika. Sie
ist gleichsam ein Reservoir, in das hunderte von Details einfließen,
aus dem heraus aber auch diverse Details extrahiert werden, um in neuer
Zusammensetzung eine Variante zu bilden. |
Balglose Instrumente
stellen das erste Experimentierfeld des Harmonikabaus dar, und viele der
Erkenntnisse sind an ihnen empirisch gewonnen Buschmann und Reinlein arbeiten
zunächst mit durch Atemluft zum Klingen gebrachten Durchschlagzungen,
Ernst Leopold Schmidt baut die Apollo-Lyra mit Mundstück, bevor er
seine Balgversion vorstellt, Schopp erfindet die Metallhoboe (Patent
Nr. 2254, Wien 1836) und steigt dann erst in den Accordionbau ein, Wheatstone
kreiert das Symphonion vor der English concertina. Auch das praparierte
Akkompagnement, das in den Blasakkordeons der Jahrhundertwende eine Blüte
erlebt, ist bereits in den Pioniertagen der Harmonika präsent. Trotz
einer Vielzahl unterschiedlichster Realisierungen balgloser Tasteninstrumente,
von denen einige Modelle zeitweise in Serie und hohen Auflagen produziert
werden, bleiben sie doch marginal. Nur für die Mundharmonika in all
ihren Varianten bildet sich ein konstanter Markt in aller Welt. Dennoch
sind für die Perfektionierung der Produkte die an Balglosen gewonnenen
und demonstrierten Innovationen allemal von Belang innerhalb der gesamten
Branche. |
Die technische
Einrichtung, die das Klanggefüge der Harmonikainstrumente ganz wesentlich
prägt, ist die Zusammenstellung von Kanzellen samt Stimmplatten zu
einem Chor gleichen Klangcharakters und die Konfiguration mehrerer Chöre.
Sie korreliert nicht nur mit den Folgeeinrichtungen, sondern bestimmt diese
weitgehend. Deshalb betreffen zahlreiche Patentschriften den Bereich der
Konfiguration, sei es die unveränderbar programmierte, sei es die ad
libitum einstellbare mit Hilfe von federnden Schlitten oder einrastenden
Registerschleifen. Invariabel konzipierte zweichörige Mundharmonikas
in Wiener Octav oder im Wie er Tremolo besetzen die Haupt-
und die Komplementärkanzelle mit je einer Zunge im Gegensatz zur Knittlinger
Octav, deren Kanzellen mit je einem Zungenpaar versehen sind Enthält
die Komplementärkanzelle weder eine Oktave noch eine Prim leichter
Schwebung, sondern eine kleine Sekunde, ist der Schlitten zum wahlweisen
Schließen von Kanzellenreihen unabdingbar. Er erfüllt die Funktion
eines Transponierregisters zur Tonhöhenmodifikation. |
Balgharmonikas
mit auf die Klangfarbe wirkenden Mixturregistern sind im Bericht über
die allgemeine deutsche industrieausstellung zu München 1854 erstmals
beschrieben, auch 1855 zur Exposition universelle de Paris werden sie noch
als nouveauté hervorgehoben. Der Vierfuß tönt als vox
angelica oder jeu d'ange, der Achtfuß als flûte
(Flötenprinzipal), im grand jeu respektive tutti sind
beide Chöre vereinigt. Der Schwebeton voix céleste ist
gebildet aus zwei Chören, deren Frequenzen um wenige Hz differieren.
Vox humana bezeichnet das Tremolando. Es ist zu den Effektregistern
zu zählen, denn es steht nicht in direktem Zusammenhang mit dem Kanzellenwerk.
Vielmehr handelt es sich um einen Mechanismus, mit dem eine Trennplatte
zwischen Balg und Gehäuse ausgerüstet ist. Er hat die Aufgabe,
die Luftströmung entweder unverändert durch eine Öffnung
passieren zu lassen oder durch einen auf der Platte installierten Kanal
zu leiten. Dieser ist mit einem Schlagventil, selten mit einem kleinen Rotor,
versehen, um die Luftströmung periodisch zu hemmen und freizulassen. |
1873 zeigen
in der deutschen Abteilung der Wiener Weltausstellung einige Balgharmonikas
bis zu 15 Registerknöpfe. Sie beziehen sich, abgesehen von der Konfiguration,
auf die Dynamik wie der Pianozug sourdine, auf Effekte wie der Glockenzug
oder stellen blinde Register dar. |
Das Kanzellenwerk
selbst erhält neben dem Oktav- und Schwebeton weitere Chöre. Sie
dienen der Intervallkopplung als Kollektiva (Terz- und Quintregister) oder
bilden zusätzliche Mixturen. Gegen Ende des 19. Jh. erfreuen sich in
Deutschland vielchörige Balgharmonikas größter Beliebtheit.
Eine einreihige sog. Orgelharmonika (Abb. 17) gestattet bei axialer
Klavesauslegung bis zu 10 Chöre Continental beispielsweise,
eine von der Firma Herfeld & Co (Neuenrade/ Westfalen) vertriebene Produktversion,
besitzt für 10 Tasten 200 Zungen auf 100 Kanzellen (zuzüglich
14 Zungen des Akkordwerks: je Akkord vier, je Baß drei Zungen), die
über 10 Registerzüge aktiviert werden können. Auch Bandonions,
Konzertinas, Harmoninen und balglose Harmonikas werden mit Registern angeboten. |
Die klangerzeugenden,
verstärkenden, qualitativ verändernden und abstrahlenden Komponenten
einerseits, Physiognomie und Fertigungsverfahren andererseits stimulieren
immer wieder zu Veränderungen und Neuerungen, und die Ergebnisse offenbaren
sich primär in Instrumenten, sekundär in Bild- und Schriftquellen.
Seit der Schaffung des einheitlichen Urheber- und Patentrechts im Deutschen
Reich und des Erfinderschutzes 1877 können die Innovationen an zentraler
Stelle niedergelegt werden. Das früheste Deutsche Reichspatent (DRP)
im Harmonikasektor datiert vom 6. Sept. 1877 und trägt die Nummer 227.
Gegenstand der Erfindung ist eine Harmonika mit zweigeteiltem Balg und kreisförmigem
Querschnitt. Ziel des Patenthalters C. E. Lehmann aus Pirna ist es, durch
diese Gestaltung »die Töne des Instruments schneller und leichter
ansprechen zu machen und weniger scharf zu Gehör zu bringen«
(DRP 227, Bln. 1877). In den folgenden sieben Dezennien kommen in der Patentklasse
51c mit den Gruppen 27 bis 35 rund 450 Patente hinzu, darin nicht eingeschlossen
die Patente für mechanische Mund- und Balgharmonikas, für mobile,
jedoch den harmoniumartigen zugerechnete instrumente, für Stimmplatten,
für Balgwerke jenseits des Wechselbalgs und für Wetterharmonikas.
Zum Patentschutz tritt ab 1891 der Gebrauchsmusterschutz. Er betriff Erfindungen
kleinerer Wertigkeit und wird von den Harmonikaherstellern rege in Anspruch
genommen, wie Stempel und Etiketten mit Angabe der DRGM-Nummer (Deutsches
Reichs-Gebrauchsmuster) an Instrumenten vielfach belegen Anzahl und Qualität
der einschlägigen Gebrauchsmuster sind bislang nicht erschlossen. |
Ein Indiz
dafür, daß die Auseinandersetzung mit dem Klangwerkzeug Harmonika
und seinen Fertigungsverfahnen auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht erlahmt,
ist der Zuwachs von Patenten und Gebrauchsmustern. Bis in die Gegenwart,
freilich unter anderen Voraussetzungen und in gewandelter Form nunmehr in
der Patentklasse G 10d, legen einzelne Tüftler, Empiriker und Systematiker,
aber auch die den Großunternehmen unterstellten Entwicklungsteams
Innovationen nieder. Das Experimentierfeld Harmonika bleibt auch in Zukunft
ein offenes, wenn die Endverbraucher, Musiker und Rezipienten, durch ihre
differenzierte Nachfrage sich weiterhin der Normierung durch ein kanalisiertes
Sortiment entziehen. |
VI.
Tonvorrat und seine Organisation |
Das Tastenbild
einer Harmonika und das Kanzellenbild einer Mundharmonika lassen nur bedingt
Rückschlüsse zu auf ihren Tonvorrat und die Tonverteilung Blinde
Tasten, verkoppelte Tasten, Leerkanzellen erschweren darüber hinaus
die optische Analyse. Lediglich manche der gleichtönigen Modelle können
visuell als solche erkannt werden, nämlich dann, wenn ihr Layout die
Akzidentien von den Stammtönen räumlich trennt, farblich voneinander
scheidet oder die regelmäßige Wiederkehr bestimmter Töne
über die Oktaven markiert. Die Programmierung von Instrumenten ausschließlich
auf eine Windrichtung involviert den Gleichton, ist ein Instrument hingegen
für zwei Windrichtungen eingerichtet, kann es unisonor (gleichtönig)
oder bisonor (wechseltönig) konzipiert sein oder eine Kombination
beider Potentiale darstellen (»hybrid« nach der Terminologie
von H. Boone 1990). Der Tonvorrat als die Summe der Töne unterschiedlicher
Tonhöhe korreliert zwar mit dem Zungenvorrat eines Instruments, deckt
sich mit ihm jedoch nicht zwangsläufig. Auch korrelieren Tonvorrat
und Tastenzahl, ohne kongruent sein zu müssen. Hierin liegt eine signifikante
Eigentümlichkeit von Harmonikas, aus der heraus sich jene zahlreichen
Dispositionen ergeben, die ihrerseits jedes Modell, selbst bei gleichem
Tonvorrat, unterschiedlich konditionieren. |
Der Tonvorrat
kann aus Einzeltönen bestehen und/oder aus Tonkombinationen, worunter
Akkorde vorherrschen. In jedem Fall bieten wechseltönige Anlagen gegenüber
den unisonoren den Vorteil, doppelt so viel verschiedene Töne bei gleichem
Raum- und Materialbedarf verfügbar halten zu können. Bei der Forderung
nach Mobilität und Maniabilität, die für alle Harmonikas
gilt, ist dieses Kriterium von wesentlicher Bedeutung. Instrumentengewicht
und -größe in einer Weise zu minimieren, daß weder Tonvorrat
noch Tonvolumen berührt werden, ist besonders relevant für Tastenharmonikas;
vielfältige Realisierungen zur Optimierung von Tastenform, Tastenlayout,
Manualstruktur einerseits, Ton- und Kanzellenorganisation andererseits belegen
eine intensive Auseinandersetzung der Instrumentenbauer mit den Wünschen
der Harmonikaspieler. |
Bezüglich
der Tonauswahl und der Gruppierung der Töne sind zwei konträre
Gesichtspunkte erkennbar: Entweder ist die Disposition ausgerichtet auf
die bequeme Erreichbarkeit eines relativ kleinen, überschaubaren Tonvorrats
unter Verzicht auf selten benötigte Töne und Harmonien oder sie
basiert auf dem Grundsatz einer systematischen Anlage. Graduelle Abstufungen
zwischen diesen Polen ergeben sich aus dem spezifischen musikalischen Material
jener Musik, für die das Instrument sich als geeignet zu erweisen hat
Wie es sich zeigt, besitzen nur wenige Harmonikamodelle einen standardisierten
Tonvorrat in verbindlicher Organisation. |
Generell ist
zu unterscheiden nach Instrumenten, deren Tonvorrat statisch, d.h. in allen
Oktaven gleich strukturiert ist und solchen, deren Tonvorrar dynamisch organisiert
ist in dem Sinne, daß Tonregionen abweichend voneinander besetzt sind.
Hinsichtlich der Anzahl unterschiedlicher Töne pro Oktave sind die
an Gebrauchsleitern orientierten Dispositionen zu trennen von den tonartlich
neutral konzipierten. Sie sind herkömmlicherweise definiert als diatonisch
und chromatisch. Der gesamte Tonvorrat ist entweder permanent oder aber
durch Registriereinrichtungen wahlweise verfügbar. Diatonische Harmonikas
können als transponierende Instrumente eingesetzt werden, unabhängig
davon, ob sie mit tonhöhenmodifizierenden Registern ausgestattet sind. |
1. Bisonore
Dispositionen |
Die Möglichkeit,
durch Nutzung von Exspiration und Aspiration den beiden Luftrichtungen Töne
unterschiedlicher Höhe zuordnen zu können, fuhrt zu zahlreichen
Varianten innerhalb der bisonoren Dispositionen. Sie scheiden sich zunächst
gemäß ihrer Phasenorientierung in Anlagen, deren Prinzipal auf
Saugluft anspricht und in Anlagen, bei denen er der entgegengesetzten Phase
zugeordnet ist, wie bei der Mehrzahl der Mundharmonikas und Konzertinas.
Unter den Accordions zeigen sich als saugluftorientierte Modelle beispielsweise
die Demianschen, die Pariser, die Russische Saratovskaja und die Steirische
Harmonika; druckorientiert sind demgegenüber beispielsweise die Wiener
Harmonika, die Bozener und die Böhmische. Des weiteren scheiden sich
die bisonoren Dispositionen in sequential strukturierte und in zonale Anlagen.
Letztere organisieren die Töne von einem Zentrum aus zur Peripherie
wie beispielsweise das Bandonion rheinischer Lage. Erstere verbinden sich
in zahllosen Harmonikavarianten mit einer harmoniebestimmten Anlage. Ausgangsbasis
dabei ist die diatonische Skala, denn sie erlaubt die unmittelbare Nachbarschaft
konsonanter Intervalle innerhalb der gleichen Luftrichtung. Allerdings lassen
sich die Töne der siebenstufigen Leiter und deren spezifische Folge
von Ganz- und Halbtonschritten nicht ohne Kunstgriffe in das duale Phasensystem
der Luftzufuhr integrieren. Folgende Lösungen zeigen sich: |
1. Die Verminderung
der Tonzahl auf ein gerades Zahlenverhältnis (»Prinzip der Aussparung«
nach der Terminologie von H. Hickmann, Das Portativ Ein Beitr. zur Gesch.
der Kleinorgel, Kassel 1936). Zwangsläufig weist hierbei die Skala
Lücken auf, sie reduziert sich zu einer »tonischen«
(tonisch nach der Terminologie von H. Otto, Volkgesang und Volksschule,
Bd. 2: Gesänge und Lieder in didaktischer Ordnung, Celle 1959).
Verzichtet ist üblicherweise aufdie 6. Stufe, nachweisbar sind aber
auch Realisierungen ohne 4. oder ohne 7. Stufe. |
2. Die Vermehrung
der Tonzahl auf ein gerades Zahlenverhältnis. Als Dupla fungieren die
5. Stufe oder die 1., die 6. Stufe im Union Accordion (Patent Nr.
2054, L. 1866). |
3. Die Aufeinanderfolge
von tonischen und diatonischen Skalen im Wechsel, so daß beispielsweise
der erste Oktavraum tonisch, der zweite diatonisch, der dritte tonisch strukturiert
ist. |
4. Die durchgängige
Präsenz der vollständigen diatonischen Skala. Über die Oktaven
rotieren je Luftrichtung die Tongruppen der 1. 3. 5. Stufe und die der 7.
2. 4. 6. Stufe. Bei der schematischen Rotation ergeben sich zunehmend Divergenzen
zwischen den Positionen von leitermäßig aufeinanderfolgenden
Tönen, je weiter der Tonraum wird. Diesen Nachteil zu kompensieren,
verzichten einige Dispositionen auf Schematreue innerhalb benachbarter Oktavräume;
erst nach Durchschreiten des Doppeloktavraums von 14 Tonen ergibt sich demnach
die Wiederkehr der Ausgangskonstellation, beispielsweise in der auf Terzen
basierenden Disposition mit der in beiden Luftrichtungen gleichen, jedoch
um zwei oder drei Stellen versetzten Stufenfolge 1 3 5 7 2 4 6 oder in der
Disposition 1 3 5 7 1 3 5 kombiniert mit 7 2 4 6 2 4 6. |
Die genannten
vier Lösungen finden sich im Bereich der Kanzellenorganisation bisonorer
Mundharmonikas sowie im Bereich all jener wechseltönigen Tastenharmonikas,
deren Manuale nach Reihen konzipiert sind. Eine Tastenreihe beliebiger Länge
verläuft analog der Fingerkuppenreihe der Spielhand, unabhängig
von der Manualposition. Besteht die Reihe aus fünf Tasten, korrespondieren
diese mit 10 Tönen, die bei diatonischer Vollständigkeit eine
Dezime vom Basiston aus abdecken. Die sechstastige Reihe erweitert den Tonumfang
nach der Höhe zu in eine Duodezime. Sie ist als Grundbestandteil in
allen Dispositionen gegenwärtig. Im weiteren Ausbau jedoch treten unterschiedliche
musikalische Prioritäten zutage, wie die Vergrößerung des
Tonumfangs durch Verlängerung der Tastenreihe oder seine Binnendifferenzierung
durch Akzidentien, die entweder der Tastenreihe vorgelagert oder ihrem tiefen
Polton angefügt sind, oder aber die duale Präsenz ausgewählter
Töne mit dem Ziel, sie in beiden Phasen spielen zu können. |
Die Option
für eine dieser Möglichkeiten bestimmt nicht nur die Tonunterlegung
der 7. bis 12. Taste, sondern stellt auch die Weichen für die Organisation
der zweiten Tastenreihe. Im Fall der Binnendifferenzierung erfolgt entweder
die teilweise Chromatisierung mit Hilfe der Tasten einer Kurzreihe (organetto
abruzzese: 9 plus 3) oder die komplette Chromatisierung, bei der jedoch
Leerstellen, Dupla oder Zwillingstasten unausweichlich sind (Accordéon
parisien). Im Fall der additiven Erweiterung wiederholt die zweite Tastenreihe
den Aufbau der Basisreihe und zwar zufolge der oben genannten Prioritäten
im Abstand folgender intervalle: in der Prim, jedoch mit umgekehrten Phasen,
so daß alle Töne der Skala in beiden Luftrichtungen vorhanden
sind; in der kleinen Sekunde aufwärts oder abwärts, so daß
der Tonraum chromatisch gefüllt ist (Gaelic cairdín);
in der großen Sekunde aufwärts, woraus sich ein mit 8 in ihrer
Höhe ungleichen Tönen besetzter Oktavraum ergibt oder in der großen
Sekunde abwärts mit 9 Tönen; in der Quarte oder in der Quinte
mit einem Ergebnis von 8 unterschiedlichen Tönen je Oktavraum. |
Die Ausstattung
der Manuale mit einer dritten und vierten Tastenreihe steht jeweils in einer
der genannten Kohärenzen zur Basisreihe. Abgesehen von der Vergrößerung
und chromatischen Vervollständigung des Tonvorrats ergeben sich dabei
immer mehr Töne, die in beiden Luftphasen vorhanden sind. Musikalisch
relevant ist diese Tatsache für das Skalenspiel innerhalb einer ungebrochenen
Phase und für ungewöhnliche Mehrklangbildungen. Faktisch aber
bedeutet die duale Verfügbarkeit des kompletten Tonvorrats eine Angleichung
an unisonore Harmonikas, ohne die Prävalenz wechseltöniger Dispositionen,
nämlich doppelt so viel verschiedene Töne bei gleichem Raum- und
Materialbedarf zu bieten, mehr zum Tragen kommen zu lassen. Die an Gebrauchsleitern
orientierte bisonore Reihenorganisation bleibt jedoch deshalb weiterhin
geschätzt, weil sie u.a. die Applikatur diatonisch eng gebundener Musik
und das musikalische Denken in ihren Strukturen erleichtert. |
2. Unisonore
Dispositionen |
Seit den Anfängen
des Baus von Harmonikainstrumenten sind unisonore Mund- und Hand-Aeolinen
integraler Bestandteil der neuen Branche, sei es unter Nutzung reversibler
Luftströmungen oder solcher aus einer Richtung. Gibt eine Taste nur
einen Ton, können Tastenorganisation und Tonunterlegung dem Vorbild
der Pianoforteklaviatur folgen. Eschenbach, Reinlein und Haeckl entwerfen
ihre Instrumente demgemäß, und Carl Schmidt, Klavierbauer in
Preßburg, benennt seine Erfindung ausdrücklich »Clav-Aeoline«
(AmZ, 1826, Sp. 695). Chromatische Blas-Aeolinen wie das Psallmelodicon
von Johannes Weinrich (AmZ, 1830, Sp. 739) und die Apollo-Lyra von Ernst
Leopold Schmidt (AmZ, 1833, Sp. 81), aber auch das für Blas- und Saugluft
eingerichtete Reichsteinsche Neu-Tschiang (AmZ, 1829, Sp. 489, und 1830,
Sp. 561) sind mit Klappenwerken nach Art der Flötenmechanik ausgestattet
und streben die kontinuierliche Struktur »einer gewissen skalenmässigen
Ordnung an« (AmZ, 1829, Sp. 492). Wheatstone hingegen entwirft
sein Blasinstrument mit Knopftasten (»studs«; Patent Nr.
5803, L. 1829), die er zu Ketten gruppiert. Im Gegensatz zur Reihe verläuft
die Tastenkette annähernd parallel der Knöchelfolge des Spielfingers.
Wheatstone verteilt die Töne der diatonischen Leiter alternierend auf
zwei Manuale, damit sich je zwei Quintketten (inklusive Tritonus) bilden,
und plaziert die Akzidentien neben diese Aus der Griffanleitung für
das 24 tönige Instrument Complete Scales for Wheatstone's Patent
Symphonion with the Additionnal Keys Fingered by John Parry (L. [Eingangsjahr
GB-Lbl: 1859]) geht der chromatisch gefüllte Tonraum c'-c''' (minus
cis') hervor. Um die räumlichen Lücken in den Akzidentienketten,
die sich aufgrund des Zahlenverhältnisses von fünf Akzidentien
zu sieben Stammtönen ergeben, aufzufüllen, ergänzt Wheatstone
in seinem Patent von 1844 zwei Akzidentiendupla und kommt auf sieben zu
sieben (Patent Nr. 10041, L. 1844, figure 1). Die Anlage arbeitet demnach
mit 14 Tönen pro Oktavraum. Die 48 tastige, vierkettige treble concertina
hat den Ambitus g-c''''. Auch weitere Vorschläge im Patent Wheatstones
für unisonore Modelle zeigen die alternierende Verteilung von 14 selbständigen
Skalentönen je Oktav aufzwei Manuale. |
Kontinentale
Harmonikas mit unisonor unterlegten Tastaturen arbeiten mit 12 chromatischen
Tönen pro Oktav und sind folgendermaßen organisiert: in skalenorientierten
Aggregaten mit ein-, zweioder drei- respektive viergliedriger Struktur;
in intervallorientierten Gefügen, in denen keine Taste mit ihren Nachbarinnen
einen Sekundschritt bildet respektive die überwiegende Zahl der Tasten
in Tonsprungverhältnissen steht; im Blockkonzept, in dem die zentrale
Region der Stammtöne umschlossen ist von den Akzidentienblöcken. |
Die Wiederholung
von Tastenreihen oder -ketten innerhalb eines Manuals hat das Ziel, mehrere
Anschlagstellen für gleiche Töne zur Wahl zu stellen. Der der
Disposition zugrundeliegende Organisationsmodus bleibt unberührt. Auch
ein Manual, das sich aus zwei identischen Tastaturen zusammensetzt oder
eine Stabtastatur mit einer Knopftastatur bei gleichem Tonvorrat verbindet,
dient lediglich der komfortablen Applikatur. Demgegenüber bieten Mehrbereichsmanuale
einen erweiterten Tonvorrat, sei es indem sie das Akkordwerk in das Tastenlayout
integrieren oder indem sie über eine Convertereinrichtung vom Einzelton
auf den Akkord zu schalten sind. |
3. Instrumente
mit präpariertem Akkompagnement |
Die Idee,
eine Kanzelle mit mehreren Zungen ungleicher Mensur zu besetzen, um bei
Druck einer einzigen Taste einen fünftönigen Akkord hörbar
zu machen, realisiert Demian: »Daß man durch einen Claves
einen ganzen Accord spielen kann glauben wir als die vorzüglichste
Neuheit angeben zu können« (Privileg Nr. 1757, Wien 1829).
Alle Akkorde sind von den Tönen der zugrundeliegenden diatonischen
Skala aus abwärts konzipiert und zwar in der Verbindung der Ausgangstonika
mit ihren Dominanten. Die Akkorde stehen vorherrschend in enger Lage. Im
Ergebnis ist der harmonisierte Melodiegang fünfstimmig, wobei die Mittelstimmen
und die Unterstimme nicht gebührt sind, sondern der Akkordkomplettierung
dienen. Dem jeweils tiefsten Ton ist keine Baßfunktion eigen. Die
Skala im Demianschen Accordion der Patentschrift lautet: g a h c d e
fis g - cis d; die Funktionenfolge der diatonischen Aufwärtsskala
in vier wechseltönigen Tasten lautet T D7 T D7
T S D7 T. |
Der Einbau
einer Mutation (lat. mutatio, Veränderung; Abb. 18) ermöglicht
es, den Melodieton ohne Harmonisierung anzugeben: Ein gefederter Stößel
an der instrumentenrückseite läßt bei Druck gegen den Leib
des Spielers das Akkompagnement verstummen; sobald der Druck nachläßt,
sind erneut die vollen Akkorde hörbar. Das einmanualige bisonore Instrument
Demians trägt die in der Patentschrift erstmals dokumentierte Bezeichnung
Accordion durchaus zu Recht, unterscheidet es sich doch durch seine
Programmierung wesentlich von den bis dato gebauten Aeolinen- und Harmonikamodellen.
Daß sie in einigen Regionen bald zum Oberbegriff für Harmonikas
wird und auch gegenwärtig umgangssprachlich in diesem generalisierenden
Sinn für Balgharmonikas benutzt wird, widerspricht der ursprünglichen,
sinnreichen Wortbedeutung. Accordions Demianschen Konzeptes, ob mit oder
ohne Mutation, erweisen sich zunächst als willkommene Harmonieinstrumente,
können sich aber gegen die wachsende Konkurrenz der mir Grundbässen
und Akkorden ausgestatteten Harmonikas nicht behaupten. |
Unter die
einmanualigen bisonoren Harmonikas mit separaten Tasten für das Akkompagnement
fallen zunächst jene mit einer einzigen, nicht gefederten Sekundiertaste.
Sie ist am Griffbrett als Schleif- (soupape fixe) oder Wipptaste
(bascule) montiert. »En fermant cette touche, on fait taire
l'harmonie« (Pichenot jeune, Methode pour l'accordéon,
P. [1834]). Unterlegt sind Zwei- oder Dreiklänge, die dem Tonvorrat
der Gebrauchsskala entnommen sind und in enger Lage zu ihr stehen. Eine
weitere separate Taste gleicher Bauart ist im einmanualigen Accordéon
parisien ergänzt. Mit ihr korrespondieren üblicherweise zwei Baßtöne,
die gemeinsam mit der Harmonie eine Tonika-Dominant-Begleitung ergeben.
Aufgrund ihrer Mechanik, die wechselweises Zu- oder Abschalten während
des Melodiespiels erschwert, stetes Akkompagnieren hingegen favorisiert,
erfüllen die beiden Tasten gleichsam Ostinatofunktion. Erst nachdem
die affinen Akkorde und Bässe sich am Sockel des Instruments unter
gefederten Klappen wiederholen, bilden sie ein selbständiges Akkordwerk
auf zweitem Manual. Dreitönige Akkorde des Accordéon parisien
stehen im Vollkommenen Ganzschluß, während einige der Wiener
Harmonikas mit dem Dominantseptakkord ohne Quint unterlegt sind. |
Das zweite
Manual am Ende des Balges, konzipiert für ein separates Akkompagnement
aus präparierten Mehrklängen und Einzeltönen als Akkordwerk,
manifestiert sich in vier Ausprägungen: 1. die frontale, in den Gehäuserahmen
integrierte Tastatur mit Flachklappen oder Knotetasten; 2. die mit Stoßklappen
oder mit Hebelklappen versehene Tastatur am Brummkästchen; 3. die vom
Griffbrett oder Griffkasten getragene Tastatur; 4. die in den Gehäuseboden
integrierte respektive in einen umgebenden Sockelrand gelenkte Tastatur. |
Das Tastenlayout
ist zeilig oder dispersiv (Abb. 19) oder stellt eine Kombination beider
Organisationsformen dar. Die Zusammenstellung von Tönen zum Akkordwerk
und seine Zuordnung zu den vier Manualausprägungen ist variabel. Gleichwohl
lassen sich drei Dispositionsprinzipien konturieren. 1. Das Akkordwerk ist
additiv strukturiert: Das Tonika-Dominant-Schema ist gemäß der
Schritte des Quintenzirkels zusammengesetzt. Das Zahlenverhältnis zwischen
Akkorden und Einzeltönen ist 1:1. 2. Das Akkordwerk ist diffetenzierend
strukturiert: Eine Tonart ist mit leitereigenen Akkorden repräsentiert,
so daß auf die beiden Einzeltöne von Tonika und Dominante sieben
Akkorde kommen können. 3. Das Akkordwerk setzt sich konstruktiv-statisch
zusammen: Jedem Einzelton ist beispielsweise ein Dur-, ein Moll, ein Dominantsept-,
ein verminderter Septakkord und ein sog. Beibaß (Terz) zugeordnet. |
Nachdem sich
durch die Wellenbordmechanik des Regierwerks die mit mehreren Zungen besetzte
Kanzelle erübrigt, ist jedes wie auch immer zusammengesetzte Akkompagnement
zu programmieren. |
Das Akkordwerk
ist ausgerichtet auf spezifische Musikpraktiken, beispielsweise durch Mollpräferenz
(russ.), durch Terzeneliminierung (okzitan.), durch Hinzufügung eigentümlicher
Mehrklänge oder Bordune (bourdon de Bruxelles), durch Reduzierung
der Akkordgesamtzahl zugunsten von Einzeltönen, durch Bevorzugung der
Höhen (Saratovskaja mit Akkorden in hoher Lage) oder der Tiefen (Helikonbässe
der Steirischen Harmonika). Generell gilt für das Gefüge bei uni-
wie bisonoren Harmonikas, daß identische Manualausprägungen und
Tastenlayouts keine Übereinstimmung von Dispositionen signalisieren. |
VII.
Musiker, Musikpraxis und Kontext |
Harmonikainstrumente
entstehen als Produkte des 19. Jahrhunderts.Ihr Profil bildet sich zu Zeiten,
als der Handel mir Musikinstrumenten weltweite Dimension annimmt und es
gilt, breite Käuferschichten allerorten anzusprechen. Aus der Sticht
des Herstellers bietet das Produkt zunächst die Vorteile, kostengünstig
in großer Anzahl produzierbar und zum Versand geeignet zu sein, sowie
robust, wartungsarm, tropentauglich und als modifizierbares Objekt aktuelle
Trends und regionale Vorlieben resorbieren zu können. Aus der Sicht
des Käufers besteht die Attraktivität des Produktes in folgenden
Eigenschaften: Es ist mobil und in der Lage, Töne allerorten zu geben,
bei Landpartien, auf dem schiff, im Schützengraben, im Ball- und Konzertsaal.
Es ist pflegeleicht, benutzerfreundlich, jederzeit bereit ohne Ein- und
Nachstimmprozeduren und komfortabel auch über lange Dauern zu spielen.
Es ist funktionell und effizient, indem auf kleinem Volumen proportional
viele Töne in beträchtlicher lautstärke für horizontale
wie vertikale Tonverbindungen zur Verfügung stehen. In seiner Warenästhetik
ist es divers, dekorativ, in seinen jeweils neuesten Ausprägungen modisch
und in seiner Technik auf der Höhe der Zeit. Jedes Instrument ist nachrüstbar
und zu einem weiten Maß offen für Veränderungen durch die
Hand des Erwerbers. Das Warenangebot ist reich an Ausführungen und
Preislagen. |
In ihrem Produktprofil
unterscheiden sich die Harmonikas wesentlich von Instrumenten älterer
Tradition. Der Mangel an intentionaler Geschlossenheit seitens der Hersteller
und seitens der Musiker konditioniert die Instrumente dazu, mannigfaltige
Musikpraktiken in vielen soziokulturellen Zusammenhängen auszubilden. |
Musikalien
und Tonträger dokumentieren das Engagement der Instrumentalisten in
fast allen musikalischen Formen. Diese Quellen sind jedoch weder quantitativ
noch qualitativ durch die Forschung erschlossen. Zum Bereich der ausschließlich
auditiv überlieferten Harmonikapraxis liegen kaum detaillierte Untersuchungen
vor. Obwohl gerade die kleinformatigen Mund- und Balgharmonikas in die entlegensten
Gebiete gedrungen sind, kennen wir bis auf wenige Ausnahmen ihre musikalischen
Funktionen und ihre Klangwelten nicht. |
Der Einsatz
bestimmter Harmonikamodelle innerhalb der Neuen Musik, bei experimentellen
Prozessen, improvisationsverfahren und in Verbindung mit Live-Elektronik
hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte konsolidiert. Spezielle Spieltechniken
und Vortragsweisen eröffnen der Instrumentengattung hierbei neue Dimensionen,
und Interpreten wie Komponisten werden in Zukunft auf das klanglich außerordentlich
reiche Farbspektrum, das die Harmonika zu bieten in der Lage ist, wohl nicht
mehr verzichten. Zu entdecken gilt aber gleichermaßen die Harmonikamusik
des 19. und frühen 20. Jh., und den jeweiligen Ausprägungen und
Kontexten nachzuspüren, muß als Aufgabengebiet der Musikwissenschaft
verstanden werden, damit künftige Spielergenerationen ein ungebrochenes
Verhältnis zur Geschichte ihres Instruments entwickeln können.
Im Vergleich zu jenem Instrumentarium, das sich aus älterer Tradition
her leitet, zeigt die Analyse des Umgangs mit der Harmonika Eigentümlichkeiten,
die alle Perioden ihrer Entwicklung durchziehen. Vorzüglich unter den
Rahmenbedingungen des westeuropäischen Raumes sind die Musikpraktiken
überlagert von drei Tendenzen, resultierend aus der Offenheit der Instrumentengattung
für instrumentalistinnen, für Nichtkenner der Musik und Autodidakten
und für jedwede Repertoires, Formationen und Spielweisen. Der emanzipatorische
Charakter, der der Harmonika seit ihren Anfängen innewohnt, kommt regional
und zeitlich unterschiedlich intensiv zum Tragen. |
1. Instrumentalistinnen
und reisende Virtuosen |
Zu den frühen
Harmonikavirtuosinnen, denen sich die Konzertsäle öffnen, zählen
Baronesse Dubsky aus Wien (AmZ, 1822, Sp. 464, und 1823, Sp. 827) und Demoiselle
Lange aus Amsterdam (AmZ, 1825, Sp. 590). Sie sind die renommiertesten Schülerinnen
des Komponisten und Instrumentallehrers Hieronymus Payer (1787-1846) und
spielen die Physharmonika solo oder in Verbindung mit dem Pianoforte, indem
sie beide Manuale zum Vortrag eines Werkes nutzen. Leopoldine Blahetka (1811-1877),
erfolgreiche Komponistin und Pianistin, trägt 1825 in Bremen eigene
Kompositionen vor, »den Baß auf dem Flügel und die Discantstimme
auf der Physharmonica« (AmZ, 1826, Sp. 430). |
1829 präzisiert
die Demiansche Patentschrift, das Accordion »dürfte für
Individuen beiderlei Geschlechts [...] eine willkommene Erfindung
seyn«. Angesichts der Barrieren, die die Schicklichkeit den Damen
hinsichtlich der Wahl eines Instruments auferlegt, bietet sich in den Harmonikainstrumenten
zunächst einmal die außerordentliche Chance, unbehindert durch
die Vorgaben des herrschenden Blicks und durch den tradierten gesellschaftlichen
Kodex tätig zu werden. Louise Reisner tritt als femme-accordéoniste
in den angesehenen Pariser Konzertsälen und Salons der 1830er Jahre
auf, und die Accordéon-Schulwerke ihres Vaters sowie die folgenden
von Merlin, De-Raoulx, Rheins, Cornette, Carnaud, Javelot oder jene für
Accordéon orgue, Flûtina und Harmuniflûte (Abb. 10) von
Bretonnière, Wigame, Mayermarix reproduzieren allesamt Bildnisse
von Damen in Interieurs, die durchaus den reichverzierten, noblen Instrumenten
in ihren Händen entsprechen. insofern wundert es nicht, wenn (Princesse
Mathilde, eine Cousine Napoleons III., oder Lady Hamilton (Prinzessin Marie
Amalie Elisabeth Karoline, Tochter des Großherzogs Karl Ludwig Friedrich
von Baden) im fernen Schottland Gefallen an ihnen finden. |
Als besonders
beliebt erweisen sich in Großbritannien die zierlichen Concertinas.
In den 1840er Jahren veröffentlichen Richard Blagrove, George Tinkler
Case, Joseph Warren Musikalien für English concertina, Carlo Minasi,
Giulio Regondi, Joseph Warren auch für German concertina, und die Zueignungen
in einigen ihrer Titelblätter zeigen ein deutliches Übergewicht
der Damen unter den Widmungsträgern. Aus dieser Beobachtung kann geschlossen
werden, daß an der ersten concertina craze Englands die Instrumentalistinnen
bedeutenden Anteil haben. In den 1850er Jahren erweitert Miss Anne W. Pelzer
das Concertinarepertoire durch zahlreiche anspruchsvolle Transkriptionen
aus den Werken von Mendelssohn, H. Wilh. Ernst, Haydn, Händel, Beethoven
und aus den Opern von Weber, Verdi und anderen ihr widmet George Alexander
Macfarren seine Barcarole for the concertina and Pianoforte (L. [Eingangsjahr
GB-Lbl: 1859]). Hannah Rampton Binfield (1810-1887), Komponistin und Organistin
in London, richtet H. Herz La violette für Concertina und Pianoforte
(1855) ein, des weiteren Classical Music Arranged as Trios for the Concertina,
Harp and Pianoforte (1854). Neben Adaptationen von sacred und national
melodies für Concertina und Pianoforte legt sie eigene Kompositionen
für Soloconcertina nieder. Ob diese offenbar nicht im Druck erschienenen
Werke für Marguerite Binfields Konzerte geschrieben sind oder ob Hannah
R. Binfield selbst als Concertinavirtuosin aufgetreten ist, muß künftige
Forschung eruieren. |
Großer
Verbreitung erfreuen sich die Serien und Periodika, die den Spielern die
Möglichkeit bieten, ihr Repertoire kontinuierlich zu aktualisieren,
wie Blagrove's Concertina Journal (L. I853f.) oder The concertina
Miscellany, a Periodical of New Music for the concertina and Piano Arranged
and Fingered by G. T. Case (L. 1855f.). Neben Carlo Minasis, William
Henry Birchs und den nach Verlagen benannten Editionen Chappells, Wheatstones
und Booseys versucht auch eine Frau ins Geschäft zu kommen. Catherina
Josepha Pratten veröffentlicht ab 1860 Madame Robert Sidney Prattens´s
Repertoire for the concertina (L. 1860f.) Es ist bislang ungeklärt,
wie umfangreich diese Reihe ist und ob Titel, die ohne den Zusatz »Madame«
publiziert sind, von ihrer Hand oder der Roberts sind. Auffällig ist,
daß unter den britischen Autoren von Concertinamusikalien nicht wenige
ihre Vornamen, mitunter sogar Vor- und Zunamen, auf deren Initialien reduzieren. |
Im Konzertleben
des deutschen Sprachraumes können die Harmonikaspielerinnen nur schwer
Fuß fassen. Die wenigen konzertierenden Virtuosinnen der ersten Jahre
sind Ausländerinnen. Isabella Dulcken, Schülerin Regondis und
ihrer Mutter Marie Louise David-Dulcken, der Hofpianistin Königin Victorias
und der Herzogin von Kent, ist in Frankfurt am Main 1848 und am 12. Okt.
1851 im Gewandhaus zu Leipzig auf der Concertina zu hören. Die Genueser
Gitarristin Nina Morra versucht, die Harmonika in ihre Konzerttätigkeit
zu integrieren. Weitreichende Resonanz auf ihre Darbietung am 1. Dez. 1841
im Kleinen Saal des Gewandhau es bleibt ihr dabei ebenso versagt wie drei
Dezennien später der blinden deutschen Konzertinavirtuosin Anette Kuhn
aus München, Konzertgeberin am 6. Febr. 1870 an gleicher Stätte. |
Lukrativere
Möglichkeiten bieten sich den Harmonikaspielerinnen im Rahmen der Ensemblearbeit.
Fräulein Reuter, Bandonionistin einer Damenkapelle gegen Ende des Jh.,
bringt instrumentale Soloeinlagen und trägt Gesangsstücke vor,
zu denen sie sich begleitet (Allgemeine Concertina und Bandonion-Zeitung,
1896, S. 43). Ausschließlich weiblich besetzte Formationen, um die
Jahrhundertwende durchaus spektakulär, werden gegen Ende der 1920er
Jahre häufiger. Besonders im Revue-, Cabaret- und Varieté-Fach
sind sie gefragt. Nach 1930 sponsert die Matth. Hohner AG das Trossinger
Damenquartett Kleeblatt, das Göppinger Damentrio unter Gertrud Frick,
das Münchner Damenquartett unter Lotte Junghans und die Harmonika-Showband
Original Glorias mit der Sängerin Gloria Lilienborn. Wie in New York
rund drei Jahrzehnte zuvor 15 Concertinaspielerin nen einen Musikverein
gründeren (1895), so schließen sich in Zürich mehr als zwei
Dutzend Instrumentalistinnen zusammen zum 1. Damen Handharmonika Club.
Weibliche Akkordeonstars und -lehrerinnen sind von nun an fester Bestandteil
der Harmonikawelt. |
Zu den bekanntesten
Virtuosen, deren Darbietungen in den deutschsprachigen Musikzeitschriften
der ersten Hälfte des 19. Jh. Erwähnung finden, zählen die
Mundharmonikasolisten Anton Kratky aus Prag, Franz Xaver Gebauer aus Wien,
Herr Kuhnert aus Böhmen und die Erfinder Johannes Weinreich mit dem
Psallmelodicon und Ernst Leopold Schmidt mit den Apollo-Lyren.
Balgharmonikaspieler überregionalen Renommees sind Giulio Regondi aus
London, Rudolf Pick aus Wien und Albert Heger aus Brünn. Die Konzerttätigkeit
in der zweiten Hälfte des 19. Jh und im ersten Viertel des 20. Jh.
ist bislang nicht erschlossen. Für die Periode von 1925 bis 1950 fehlen
detaillierte Untersuchungen zu Rundfunk- und Schellack-Einspielungen. Zu
wenige Akkordeonisten, Bandonionisten, Konzertina und Mundharmonikaspieler
der nach 1950 aktiven Generationen sind hinreichend dokumentiert, um ein
der Wirklichkeit entsprechendes Gesamtbild der Harmonikamusik zu geben. |
2. Amateure
und Autodidakten |
Die Idee,
Tasten respektive Kanzellen zu numerieren und über diese Zahlen korrespondierende
Töne zu kodifizieren, eröffnet dem Notenunkundigen die Möglichkeit,
Tastenabfolgen aufzuschreiben und in Tonfolgen umzusetzen. Soll der Umgang
mit dem Instrument graphisch vermittelt werden, genügen in worten notierte
Erklärungen und in Kurzschriften aus Ziffern und Zeichen visualisierte
Anweisungen Besonders rationell erweisen sich spezielle Codes für bisonore
Tasteninstrumente. Uhligs 20 töniges erstes Modell beispielsweise kommt,
abgesehen von der Manualanzeige, mit fünf Signaturen aus zuzüglich
zweier Balgzeichen. Das bedeutet, der Spieler muß nicht mehr als sieben
Zeichen memorieren, obwohl 19 in ihrer Höhe unterschiedliche Töne
zu seiner Verfügung stehen. Die Manuale des 130 tönigen Bandonion
weisen insgesamt nur 35 verschiedene Tastensignaturen auf Mit den Zeichen
für Balgzug und Balgdruck sowie dem Zeichen für die Betätigung
des Ventilhebels zum Justieren des Balgvolumens bleibt der Zeichenvorrat
durchaus überschaubar. Als vereinlachend erweist sich in der Praxis
zudem, daß der Code den Tonort offen läßt. Steht ein Instrument
in Es, gelten zwar die gleichen Tasten-Ton-Vethältnisse wie
bei einem Instrument in A, es erklingen jedoch andere Tonarten und
möglicherweise andere Tessituren beim Abspielen derselben Zeichen. |
Außerordentlich
effizient sind Chiffren (Abb. 20) in Hinsicht auf das präparierte Akkompagnement,
denn das Notieren respektive Lesen synchroner Akkordtöne entfällt.
Allerdings erfordert jede Instrumentenvariante naturgemäß eine
mit ihrer Tondisposition und mit ihren Tastensignaturen korrelierende Sehreibart. |
Eindeutig
festgehalten sind im Grundstadium des Codes nur die Tastenabfolgen und die
Luftrichtungen Tondauern, Pausen und alle weiteren Parameter der Musik bleiben
unbestimmt. So trägt das Notat in Relation zur Musik den Charakter
des Variablen, des Nicht-Endgültigen. In bezug auf die Mustippraxis
bedeutet der Code eine offene Kategorie, in der die imagination von Musik
favorisiert und durch Impulse stimuliert wird. Je mehr Elemente schließlich
aus der Notenschrift in den Code zwecks Präzisierung seines Textes
übernommen werden, desto weniger können spezifische Regionalstile,
Tradition und Zeitgeschmack, subjektive Augenblickslaune und wie auch immer
sich formulierende Präferenzen des Musikers in das Abspielen der Zeichenfolge
einfließen. Aufgrund der genannten Faktoren ist es angebracht, derartige
Codes als instrumentidiomatische Notate, im engeren Sinn als Ideographien
zu definieren. Sie sind zu unterscheiden von Griffschriften, die Fingerkonstellationen
der Spielhände graphisch fixieren, und von Kurzschriften, die musikalische
Strukturen jenseits des üblichen Fünfliniensystems visualisieren.
Auch solche Notationen sind für den Harmonikabereich entwickelt oder
auf ihn übertragen worden. |
a. Lernen
sine magistro |
Seit den Anfängen
der Musikalienedition für Harmonika weisen zahlreiche Schulwerke im
Titel werbewirksam darauf hin, daß auch der Notenunkundige mit ihrer
Hilfe das Spiel erlernen könne und zwar in kurzer Zeit und ohne einen
Lehrer bemühen zu müssen. Vor 1900 sind mindestens so verschiedene
deutschsprachige Leitfäden zur Selbstunterrichtung allein für
den Balgharmonikabereich im Angebot. Einige von ihnen erscheinen in unzähligen
Auflagen, denn sie werden beim Neuerwerb eines Instruments diesem gratis
beigegeben. Stehen die bis 1866 publizierten üblicherweise in Notendruck
mit Zusatzzeichen, verzichten danach immer mehr Verleger auf die Wiedergabe
eigentlicher Noten. Johann Klein, dessen Familie seit 1834 im Wiener Harmonikabau
aktiv ist, ediert allein im Jahre 1875 rund 520 Harmonikamusikalien in Ziffernnoten
. Damit ist er der erste Verleger, der ein derart umfangreiches Spezialsortiment
auf den Markt bringt. Seine Titel sprechen eine rapide wachsende Klientel
an, deren Nachfrage wiederum weitere Arrangeure und Verleger motiviert,
in diesem Gebiet tätig zu werden. Die claves signatas als ein effektives
Mittel für den autodidaktischen Zugang zur instrumentalen Musikausübung
und zur raschen Erarbeitung eines aktuellen Repertoires brechen das Bildungsprivileg
und haben entscheidenden Anteil an der Demokratisierung des Musikerwerbs.
Bis in die Gegenwart hinein stoßen notenfreie Lehrmittel auf große
Akzeptanz. In jüngster Zeit erfreuen sich Lernvideos zunehmender Beliebtheit
wie The Seaman's concertina, a Beginning Guide to the Anglo Concertina
in a Nautical Style von John Townley (N Y. 1990), How to Play the
Cajun Accordion, with Marc Savoy and Trary schwarz (Eunice 1992) oder
Steirische Harmonika (3 Folgen, Mn. 1993). |
b. Lernen
in corpore |
Sind die Harmonikamodelle
mit präpariertem Akkompagnement darauf hin konzipiert, leicht erlernbar
zu sein, erfordern hingegen die vieltönigen Bandonion- und Konzertinainstrumente
sowie die chromatischen Harmonikas vom Autodidakten beträchtliche Übungsintensität
und anhaltende Motivation. Aus dem Wunsch, Spielprobleme gemeinsam mit Gleichgesinnten
zu lösen, kommt es vornehmlich in Sachsen seit 1874 zur Gründung
von Lerngemeinschaften, zunächst unter der Bezeichnung Harmonica-Club,
dann als Concertina-Club und ab 1885 als Bandonion-Club, üblicherweise
mit den Ergänzungen von Ort und Gründungsjahr sowie einem Kennwort
Saxonia, Freuden klänge, Vorwärts, Melodia,
Sonamento, Prinz Heinrich u.a. Bis 1914, also im Zeitraum
von 40 Jahren, sind mindestens 240 kontinuierlich tätige Bandonion-
und Konzetinavereine in allen Gegenden Deutschlands registriert. Ihre beitragszahlenden
Mitglieder üben gemeinsam, werben und instruieren Eleven, kopieren,
drucken und verbreiten Musikalien und bauen ein reges Vereinsleben auf Sie
kooperieren mit Brudervereinen anderer Orte, kommunizieren mit Hilfe eigener,
von ihnen ins Leben gerufener und getragener Fachzeitungen und schließen
sich zu überregionalen Selbsthilfeorganisationen, sog. Bünden
zusammen. Bestrebungen, diese Bünde in einer zentralen Dachorganisation
zu vereinen, führen 1911 zur Gründung des Deutschen Konzertina-
und Bandonion-Bundes eV. (DKBB) mit sitz in Chemnitz. Der DKBB versteht
sich als Bildungsinstitution und Vertretung aller Harmonikainteressierten,
der Einzelmitglieder wie der korporativen, der passiven Mitglieder wie der
aktiven, der Amateure wie der professionellen Spieler jedweder Harmonikamodelle
sowie der Streicher, Bläser, Schlagzeuger u.a. Musiker, die in Ensembles
gemischter Besetzung tätig sind. Dennoch spalten sich nach 1924 Vereine
ab, um ihre partikulären Interessen in neugegründeten Bünden
intensiver zu vertreten. 1931 ruft die Matth. Hohner AG den Deutschen
Handharmonika Verband ins Leben, parallel zum Auflau der Hohner Harmonika
Fachschule in Trossingen. Im Gegensatz zur Bundesschule, die seit 1929 in
Kooperation zwischen dem DKBB und der Musik-, Handels- und Gewerbeschule
Klingenthal Fortbildungskurse für Vereinsdirigenten Anbietet, spezialisiert
sich die Trossinger Einrichtung auf die Ausbildung von Akkordeon- und Mundharmonikalehrern
und die Schulung des Verkaufspersonals Aufgrund der Etablierung der Harmonikalehrerausbildung
und ihrer schrittweisen Institutionalisierung entfällt die Notwendigkeit
des Lernens in corpore; die Lerngemeinschaften wandeln sich schließlich
zu Spielkreisen. |
3. Repertoire |
Der Bestand
an Übungs- und Vortragsmaterial in den deutsch-sprachigen Harmonika-Schulwerken
des 19. Jh. ist homogen. Er setzt sich zusammen aus Stocken folgender Genres:
begleitetes Lied, Tanz, Opernparaphrase, Marsch, Choral, Hymne, Melodien
entfernter Völker und Potpourri. Arrangements sind nicht deutlich als
solche unterschieden von den Originalkompositionen. Das musikalische Amüsement
sowie die Abwechslung haben durchweg Vorrang vor dem Etüdenspiel, wie
deutlich aus den Benennungen der Stocke und ihrer Faktur hervorgeht. Liedtexte
sind nur ausnahmsweise wiedergegeben. Wie in einigen Titeln und Vorworten
formuliert, ist es das Ziel der Schulen, die Kunst des Harmonikaspiels demjenigen,
der sich ihr widmen will, zu vermitteln. Die Spaltung der Musik in hohe,
traditionelle, unterhaltende, geistliche, aktuelle oder moderne, wie sie
innerhalb des bürgerlichen Konzertbetriebs zunehmend erfolgt, reflektieren
die Harmonikaspieler vor 1914 nicht. Geschmackvolle Darstellung, wohlklingende
Ausführung und Sicherheit des Vortrags sind angestrebt, auf daß
die Harmonikamusik gefalle und nicht langweile. Beurteilungskriterien sind
nicht die Güte der Vortragsstücke oder die der Instrumente, sondern
primär Art und Weise, wie der Spieler mit dem Instrument umgeht, der
Grad seiner Spielfertigkeit, seiner Sensibilität, Ausstrahlung und
Vortragskraft. insofern finden auch Leistungen Achtung, die an unkonventionellen
oder unvollkommenen Modellen erbracht werden. Diese Aufgeschlossenheit bewahrt
sich in Harmonikakreisen bis weit ins 20. Jh., während sie im bürgerlichen
Konzertwesen bereits gegen Mitte des 19. Jh. unüblich ist. |
Erfährt
der Mundharmonika-Virtuose Kuhnert, »der sich auf einer Anzahl von
Mundharmoniken, mit denen er geschickt wechselte, recht anmuthig und mit
grosser Fertigkeit hören ließ«, im Gewandhaus zu Leipzig
am 29. Mai 1828 durchaus einen Achtungserfolg (A. Dörffel, Geschichte
der Gewandhausconcerte zu Leipzig, Lpz. 1884, S. 207), werden »die
Geläufigkeit, Sicherheit, Reinheit der Töne und Zartheit des Vortrages«
auf der Mundharmonika durch Anton Kratky am 21. Nov. 1842 im Theater zu
Linz vom Rezensenten des Konzerts ausführlich gewürdigt und die
Fähigkeit der Tonnuancierung bewundert, fließen dennoch bereits
Kritik an den Vortragsstücken ein und Fragen nach dem »Rayon,
welches solchen Productionen einzuräumen ist« (Wiener allg.
Musik-zeitung, 1842, S. 584). Daß der Wirkungskreis für Harmonikavirtuosen
nicht der Konzertsaal sei, leitet die musikalische Fachwelt zunächst
also von ihrem Repertoire ab, weil in ihm Originalwerke der Altmeister fehlen.
Jedoch auch nachdem Originalkompositionen bekannter Zeitgenossen wie B.
Moliques op. 50 und op. 57 uraufgebahrt sind, ist ihre Wirkung nicht von
Dauer und schließlich nur noch auf Insider begrenzt. Arrangements
für Harmonikainstrumente stoßen zunehmend auf Skepsis. Spielt
Alexander Prince die Tannhäuser-Ouvertüre auf der Duet-concertina,
veranstaltet der Bandonion-Musikverein Harmonie Leipzig-Ost seine
Ouvertürenabende im Albertgarten (Die Volksmusik Fachzeitschrift
des DKBB, 1930, S. 9), ist die Resonanz seitens der etablierten Musikkritik,
sofern die Darbietungen überhaupt zur Kenntnis genommen werden, üblicherweise
eine reservierte. |
In einem besonderen
Repertoirebereich, in dem bestimmte Harmonikamodelle des 19. Jh. ihr adäquates
Betätigungsfeld finden, reüssieren sie nur vorübergehend.
Prädestiniert ihre expressive, nuancenreiche Tonqualität in Verbindung
mit der Anlage zu harmonisch-akkordischen Wirkungen sie gleichsam zur musikalischen
Malerei und zur Begleitung von lebenden Bildern, von Pantomimen, Szenarien
und Deklamationen (AmZ, 1827, Sp. 398), verlieren diese Genres nach und
nach an Wertschätzung. Wie das freie Fantasieren - ehedem eine geachtete
Kunst finden diese Ausdrucksformen im Konzertprogramm des 20 Jh. während
vieler Jahrzehnte keinen Platz mehr Residuen halten sich indessen im Stummfilmsektor
und in der Bandonionkultur, beispielsweise durch Richard Winklers Melodram
für Bandonion und Stimme Mit Ränzel und stab (Dresden,
Bundesnotenverlag H. M. Thiele Nr. 2031) oder bei den beliebten Improvisationen
des Bandonionisten E. Gudewill (Gut Ton, 1924, Nr.8, S. 9). Harmonikavarianten,
auf denen sich Effekte oder artistische Fingerfertigkeiten entfalten lassen,
bereichern die Darbietungen der Musicalclowns The Webb Brothers,
Gebrüder Dorelli, Grock und Charlie Rivel. |
Als eigentliche
Domäne wird den Harmonikas das Tanzrepertoire zuerkannt. Von den rund
520 Musikalientiteln, die Johann Klein 1875 in Wien für die Balgharmonika
ediert, sind an die 350 als Polkas, Mazurkas, Walzer und Quadrillen ausgewiesen.
Nachfolgende spezialisierte Verleger des deutschsprachigen Raumes führen
ähnlich strukturierte Sortimente. Auch innerhalb der nach Gehör
erarbeiteten Musik überwiegen offenbar die Tänze Kennzeichnend
für das Verlagsangebot ist, daß neben einem Stamm alter Favoriten
stets eine Auswahl an jeweils neuesten Titeln in Harmonikaarrangements unterschiedlicher
Schwierigkeitsgrade auf den Markt kommt. In keinem anderen Genre sind die
deutschen Harmonikaspieler derart auf der Höhe der Zeit. Beispielsweise
erscheint Angel Gregorio Villoldos El choclo. Tango argentino eingerichtet
für Solo-Bandonion von Peter Fries beim Verleger Arthur Weber in Dortmund
1914, ein Jahr nach dessen Erstausgabe für Pianoforte. |
Die Gattung
der Märsche nimmt innerhalb des deutschen Harmonikarepertoires lange
Zeit die zweite Stufe auf der Beliebtheitsskala ein. Abgesehen davon, daß
Märsche sich naturgemäß dazu eignen, auf Landpartien, im
Soldatenleben und generell die Fortbewegung kurzweiliger zu gestalten, bietet
das Genre ein relativ unkompliziertes Betätigungsfeld für Amateurkomponisten
aus den eigenen Reihen. So erklärt es sich, wenn Gelegenheitsstücke
vorzugsweise in Marschform niedergelegt sind. Otto Luther publiziert mit
allerhöchster Billigung 1888 seinen Trauermarsch auf den Tod des
Deutschen Kaisers Wilhelm 1. (Mn., Lederer), damit die Harmonikaspieler
mit einem eigenen repräsentativen Beitrag an den landesweiten Feierlichkeiten
teilnehmen können. Willy Schneiders Auf zum Bundesfest (Dortmund,
Weber) ist der offizielle Eröffnungsmarsch zum 1. Bundesfest des Rheinisch
-Westfälischen Bandonion-Bundes in Essen-West 1909, uraufgeführt
durch Schneiders Formation (s. Abb. 3). Emil Rockstroh schreibt seinen Jubiläumsmarsch
(Dresden, Thiele & Sohn) zum zehnjährigen Bestehen des DKBB 1921,
Winklers Marsch Erinnerung an Jena (Dresden, Thiele & Sohn) gedenkt
des 5. Bundestags von 1922, als der DKBB das 15.000. Mitglied begrüßt.
Ohnehin hat jeder Bandonion-und Konzertina-Klub, der auf sich hält,
seinen eigenen Vereinsmarsch, der gleichsam als Erkennungszeichen Teil der
kollektiven Identität ist. Manche Kompositionen geben durch ihre Titel
die für die Harmonika wesentlichen historischen Fakten weiter, wie
der Uhlig-Band-Marsch oder der Münchener Kunstgewerbe- Ausstellungs-marsch
Hoch Bavaria zu Ehren des Münchner Harmonikafabrikanten Johann
Lederer, dessen Exponate 1888 die silberne Medaille erringen. |
Die rheinischen
Verleger in Krefeld (Heinrich Band), Mainz (Carl Ullrich, Carl Ernst Hickethier,
Herf & Wolff, Friedrich Wilhelm Wolff, Köln (Johann Band &
Cie) und ihre Nachfolger Alfred Band (Krefeld), Gebr. Wolff (Kreuznach),
Arthur Weber (Dortmund) bieten neben arrangierten Werken mehrsätzige
oder mehrteilige Originalkompositionen für Harmonika, vornehmlich Bandonion
an. Darunter sind folgende Instrumentalformen favorisiert: Quadrille, Serenade,
Rondo, Aria, Charakterstück, Phantasiestück, Pastorale, Nocturno,
Romanze, Elegie. Im ausgehenden 19. Jh. kommen hinzu: Intermezzo; Konzertouvertüre,
-walzer, -marsch, -polonaise, -polka, - mazurka, -rheinländer. Die
Umwälzungen des Ersten Weltkriegs und die Gründung der Rundfunkanstalten
in den deutschen Ländern lassen unter den Harmonikaspielern die Frage
nach dem Standort ihrer Musik aufbrechen. Bei ihrer Diskussion in den Fachzeitschriften
Gut Ton und im Bundesorgan des DKBB Die Volksmusik kristallisieren
sich zwei Positionen des Selbstverständnisses heraus. »Vor
allem liegt es ja in den Bundesbestrebungen, unsere Musik als Kunst zu behandeln,
zu verwerten und als solche dem Volk darzubieten« (R. Winkler,
Aufgaben des Bundes, der Vereinsmitglieder sowie jedes Volksmusikfreundes
zeitgemäßer Aufruf, in: Die Volksmusik, 1927, S. 169).
Dieser Grundsatz löst Protest aus: »Wir wollen unsere Musik
gar nicht hoher eingeschätzt wissen, wie sie wirklich ist, denn für
höhere Kunst sind Kammermusiker da; aber sind denn alle Rundfunkhörer
auf höhere Kunst eingestellt, ichglaube es nicht« (A. Nast,
Rubrik Fachfragen, in: dass., 1928, S. 22). »Wir wollen keine
Kunst, sondern Volksmusik« (A. Schlüter, Rubrik Fachfragen,
in: dass., 1928, S. 86). Dennoch überwiegen die Vertreter der »Qualitätszüchterei«
(in: dass., 1928, S. 86), und die Repertoirefrage wird verknüpft mit
der Frage nach dem voll kommensten Harmonikamodell und einer verbindlichen
Spieltechnik. Die sich als progressiv begreifenden Musiker setzen auf den
sog. polyphonen Stil, der das Repertoire vom Unrat sentimentaler Melodiefloskeln:
und vom Kitsch ostinater Begleitungsfiguren in simpler Harmonik befreien
soll. Die dafür gewählten Formen sind Suite, Variation, Scherzo,
Sonatine und Sonate, Etüde und Studie, Konzert. |
Walter Pörschmann
spielt am 15. Okt. 1924 im Leipziger Sender (MIRAG) eigene Kompositionen
für Bandonion. 1926 stellt er sein Konzert a für Bandonion und
Orchester, op. 48, vor (Spieldauer 22 Minuten) Im Berliner Sender sind außer
Pörschmann die Bandonionisten Curt Rogosinski, Konrad Weißfloch
und Arthur Mersiowsky wiederholt zu hören, und am 9. März 1925
erstmals ein Verein, das 1. Berliner Bandonion-Streichorchester.
Am 8. Juni 1926 hält Wilhelm Heinitz im Hamburger Sender (NORAG) einen
Vortrag über Konzertina, Bandonion und chromatische Harmonika, in den
et Musikbeispiele des Bandonionquartetts Heinrich Niederlitz (Hamburg) integriert.
Dieser Vortrag lost eine vom DKBB unterstützte Unterschriftensammlung
bei Rundfunkabonnenten aus mit dem Ziel, die Sendeanstalten zu bewegen,
monatlich wenigstens ein seriöses Harmonikakonzert auszustrahlen. |
Das Ensemble-Repertoire
vor 1933 umfaßt mindestens ein Dutzend in Deutschland verlegter Titel
für Bandonion und Orchester, drei Dutzend Titel für Bandonion
und gemischte Besetzung, zwei Dutzend für Bandonion und Pianoforte,
sowie knapp so Titel für Bandonion-Duo, -Trio, -Quartett und -Quintett.
Für chromatische Harmonika besteht ein reiches Spezialangebot für
Schrammel-Quartett Wiener Besetzung, für Tyroler Quintett und für
Tangokapelle. Die Matth. Hohner AG engagiert sich seit den 1930er Jahren
zunehmend in der Edition von Werken für Akkordeon und Mundharmonika,
vergibt Kompositionsaufträge und fördert die Aufführungen
dieser Werke in Rundfunk und Konzert Fett gliedert dieses Wirken in die
Perioden: Anfänge der Neuen Musik für Akkordeon 1927 bis 1933,
vom Solospiel zum Gruppenmusizieren 1933 bis 1935, beginnende künstlerische
Reife 1935 bis 1944 und Reifezeit 1945 bis 1957 (A. Fett, Dreißig
Jahre Neue Musik für Harmonika 1927-1957, Trossingen 1957). Parallel
zum Aufbau der Trossinger Harmonikaliteratur verliert die endogene, primär
durch versierte Amateure getragene und durch die Bünde gestützte
musikalische Entwicklung an Bedeutung, bis ihr durch die Verordnungen des
Dritten Reiches ein definitives Ende gesetzt wird. Die Harmonikaspieler,
nunmehr gleichgeschaltet und in der Fachschaft Volksmusik der Reichsmusikkammer
zwangsorganisiert, haben ihr Repertoire auf arteigene und genehmigte
Musik umzustellen, gleichfalls die Musikalienverleger aus den eigenen Reihen,
sofern sie überhaupt eine Konzession erhalten. Nach Kriegsende beginnt
in beiden deutschen Staaten eine integrative Entwicklung nach den Maximen
von Professionalität und Internationalität. |
Im gleichen
Maß wie ungewöhnliche Klangfarben, Spieltechniken und Darstellungsformen
in die zeitgenössische Musik einfließen, integrieren immer mehr
Komponisten Harmonikainstrumente in ihr Schaffen, und die Akkordeon-, Bajan-,
Bandonion-, Konzertina-und Mundharmonikainterpreten der Gegenwart beweisen,
daß die Harmonika zu einem integralen Bestandteil der Musiksprachen
des 20. Jh. geworden ist. |
Dokumentationen
und Forschungen zum Gebrauch der Harmonika in außereuropäischen
Gebieten sind nicht zahlreich. Erst in den letzten Jahren sind musikalische
Regionalidiome, in denen der Harmonika eine wichtige Funktion, wenn nicht
sogar die Stilbildende, zukommt, über ihren lokalen Wirkungskreis hinaus
zur Kenntnis genommen worden, beispielsweise die música vallenata,
forró, chamamé, merengue, texmex, cajun, zydeco, tango, blues
harp, windja, windjammer, polka und klezmer freilach aus Amerika, aus Afrika
jugu, jive, rai und boeremusiek. Wie die Harmonika im Lauf ihrer Baugeschichte
sich einer techno-organologischen Standardisierung entzieht, so widersetzen
sich die Spieler, global betrachtet, normierten Spieltechniken und -praktiken.
Sie garantieren somit die stilistische Vielfalt der Harmonikamusik. Die
Lust am selbstbestimmten Umgang mit dem veränderbaren Instrument wird
auch in Zukunft immer neu entdeckt und als Chance wahrgenommen werden und
die Vitalität der Gattung Harmonika fortdauern lassen. |
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